zur Hauptseite                                                               Zusammenfassung  1996

Kürzel-Erklärung

Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und
ihre tödlichen Folgen 
1996

 

1. Januar 96

 

In der Silvesternacht ziehen 25 zum Großteil rechtsradikale Personen vor eine Flüchtlingsunterkunft in Wassertrüdingen bei Ansbach in Bayern. Sie werfen Flaschen und Knaller gegen das Haus, dringen durch eine Hintertür ins Treppenhaus, entzünden zwei Kinderwagen und setzen so das Treppenhaus in Brand. Einige der 20 BewohnerInnen können den Brand selbst löschen.

taz 5.1.96; morgengrauen Febr. 96

 

5. Januar 96

 

In der Justizvollzugsanstalt Neumünster zieht sich ein Abschiebegefangener schwere Verletzungen durch einen Zellenbrand zu.

BT-Drucksache 13/3801

 

9. Januar 96

 

Der Kurde Yusuf Isik aus dem Dorf Sozyasi im Kreis Halfeti der Provinz Urfa wird von deutschen Beamten der türkischen Polizei übergeben. Yusuf Isik ist seither verschwunden. Es besteht die Befürchtung, daß er nicht mehr am Leben ist.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98

 

9. Januar 96

 

Ein Asylbewerber aus Weißrußland wird im bayerischen Neubiberg von Polizisten zusammengeschlagen. Er kommt daraufhin ins Krankenhaus.

Chronik rechtsextremer Gewalt in Deutschland seit 1990

 

18. Januar 96

 

Um 3.40 Uhr geht der Notruf bei der Lübecker Feuerwehr ein. Ein dreistöckiges Haus in der Hafenstraße, in dem Flüchtlinge untergebracht sind, steht in Flammen. 10 Menschen sterben in den Flammen, 20 Menschen kommen mit schwersten Verletzungen, 30 mit weniger schweren Verletzungen in die Krankenhäuser.

    Jean-Claude Makodila aus Zaire verliert seine gesamte Familie: seine Frau Françoise Makodila Landu (27 Jahre alt), seine Kinder Christelle Makodila Nsimba (6 Jahre alt), Jean-Daniel Makodila Kosi (1 Jahr alt), Legrand Makodila Mbongo (4 Jahre alt), Miya Makodila (12 Jahre alt) und seine 19-jährige Stieftochter Christine Makodila. Auch der Beniner Rabia El Omari (17 Jahre alt) und der Libanese Silvio Bruno C. Amossou (27 Jahre alt) werden von den Flammen getötet. Joao Bunga aus Angola verliert seine Frau Monica Maiamba Bungo (27 Jahre alt) und seine sechsjährige Tochter Nsuzana Bungo, als diese in Panik vor dem Feuer aus dem Fenster des Dachgeschosses springen.

    Erst drei Jahre später, am 18.Januar 99, erhalten 38 Überlebende des Brandanschlags aufgrund eines Erlasses vom Bundes-Innenministerium nach langem Hin und Her ein dauerhaftes Bleiberecht. Drei Personen hatten vorher schon ein Bleiberecht erhalten.

    Einer jedoch, der 35-jährige Victor Atoe, bekommt keine Aufenthaltsbefugnis, weil er nicht Bewohner, sondern Gast im Hause war. Auch er war bei dem Brandanschlag schwer verletzt worden und galt als wichtiger Zeuge des Brandes. Bei dem Versuch, ihn abzuschieben, wehrte er sich heftig und verletzte sich so schwer, daß er sich stationär im Krankenhaus behandeln lassen mußte. Kaum aus dem Krankenhaus entlassen und noch während der medizinischen Behandlung wird er am 1. Mai 96 mit Gewalt nach Nigeria abgeschoben.

    Aufgrund der Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustandes in Nigeria floh er im Mai 99 erneut in die BRD, meldete sich bei der Ausländerbehörde in Eutin und wurde sofort nach Eisenhüttenstadt in Abschiebehaft gebracht. Er kam erneut ins Krankenhaus und befürchtet im Herbst 99 immer noch seine Abschiebung. Eine Befugnis wird ihm mit der Begründung verweigert, daß er sich zum Zeitpunkt des Erlasses (Januar 99) nicht in der BRD aufgehalten habe.

    Auch im Februar 2006 hat er immer noch kein Bleiberecht und Freundinnen und UnterstützerInnen fordern unermüdlich einen Aufenthalt für Victor Atoe, seine Frau und seine zwei Kinder.

    Am 2. November 1999 wird Safwan Eid vom Landgericht Kiel von dem Vorwurf der besonders schweren Brandstiftung freigesprochen. Safwan Eid, der mit seinen Eltern und Geschwistern in dem Haus in der Hafenstraße gewohnt hatte, war bereits im September 96 vom Lübecker Landgericht nach 60 Verhandlungstagen freigesprochen worden.

    Vier Jahre nach dem Brand nimmt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen vier deutsche Jugendliche aus Grevesmühlen wieder auf. Die von Anfang an Tatverdächtigen wurden – nach Aussage eines neuen Zeugen – schon Tage vor dem Brand in der Nähe des Flüchtlingsheimes gesehen. Nachdem dieses Ermittlungsverfahren eingestellt ist, versucht Eids Anwältin Barbara Klawitter zunächst über eine Beschwerde, dann über ein Klageerzwingungsverfahren eine Neuaufnahme der Ermittlungen zur Klärung der Hintergründe und zur Überführung der Täter zu erwirken. Denn in den Haaren der Tatverdächtigen waren Brandspuren gefunden worden, und sie hatten an einer Tankstelle in der Nähe des Flüchtlingsheimes drei Kanister mit Benzin gefüllt. Jedoch die Haarproben verschwanden, und von der Kleidung und dem Wartburg der Deutschen wurden erst gar keine Proben genommen.

    Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein verwirft am 18. Juni 2002 den Antrag der Anwältin als unzulässig. Damit bleibt der Brandanschlag von Lübeck ungesühnt.

BeZ 19.1.96; BeZ 22.1.96; BeZ 26.1.96;

Gegen die Strömung, Februar 1996; stern 14/96;

Karawane – Berlin;

taz 19.1.99; BeZ 19.1.99;

jW 1.6.99; FR 2.9.99;

taz Hamburg 9.9.99; jW 22.9.99; jW 3.11.99;

BeZ 16.6.00; taz 6.2.01; taz 10.5.02; taz 19.6.02; WR 14.7.03;

LN 23.2.06

 

19. Januar 96

 

Brandanschlag auf eine Unterkunft für Flüchtlinge und Obdachlose in Burgwedel bei Hannover. Die BewohnerInnen können das Feuer schnell löschen.

BeZ 20.1.96

 

23. Januar 96

 

Kiel-Kronshagen in Schleswig-Holstein. Eine Flüchtlingsunterkunft, in der zwei afrikanische Familien leben, wird von Skinheads angegriffen. Die Rassisten werfen mit Steinen und brechen die Tür mit einer Brechstange auf, um mit den Flüchtlingen "dasselbe zu machen wie in Lübeck".

Off limits Nr. 14 1996

 

24. Januar 96

 

Zwei Frauen und 37 Männer aus Sri Lanka und Bangladesch versuchen in Dormagen unterzutauchen, nachdem sie seit sechs Tagen in Eiseskälte unter einer Plane auf einem mit Stahlrohren beladenen LKW aus Rumänien unterwegs waren. Die Flüchtlinge haben sich bei dem Transport z.T. erhebliche Erfrierungen zugezogen. Bei einigen von ihnen mußten Zehen amputiert werden. Die zudem sehr geschwächten Menschen wurden von der Polizei gefangen genommen. Ihnen allen droht die Abschiebung.

BeZ 26.1.96; FR 26.1.96; ND 26.1.96

 

24. Januar 96

 

Der kurdische Flüchtling Orhan Sengül, der sechs Jahre im Märkischen Kreis in Nordrhein-Westfalen lebte, wird nach mehrfach abgelehnten Asylanträgen in die Türkei abgeschoben. Zurück bleiben seine drei Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren und seine Frau.

    Direkt nach der Ankunft in Istanbul wird er von der Polizei vier Stunden lang verhört und anschließend ohne seine Papiere entlassen. Neue Papiere solle er sich in seinem tausend Kilometer entfernten Heimatort besorgen.

    Als er dort ankommt, wird er erneut festgenommen und verschleppt. Er gilt einige Tage lang als verschwunden.

taz 30.1.96; taz 31.1.96; taz 1.2.96;

 

25. Januar 96

 

In Delmenhorst bei Oldenburg erhängt sich der 45 Jahre alte kurdische Flüchtling Enver Bulut. Er sollte am 6. Februar abgeschoben werden.

    Der Mann war im Herbst aus Diyarbakir geflohen, wo er als PKK-Sympathisant verfolgt wurde. Seine Tochter war daraufhin verhaftet worden, um ihn zu zwingen, sich den türkischen Behörden zu stellen.

epd – Zentralausgabe Nr. 18, 26.1.96;

taz 27.1.96; FR 27.1.96;

taz 30.1.96; Pro Asyl;

morgengrauen Febr. 96;

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98

 

26. Januar 96

 

Bremen – Abschiebegefängnis Ostertorwache. Der 18-jährige Flüchtling Sahin, vermutlich ein Kurde, soll an diesem Tag abgeschoben werden. Er steckt seine Zelle in Brand. Das Feuer greift auf den Dachstuhl über, und dann schlagen meterhohe Flammen aus dem Gebäude. Sahin muß mit einer Rauchvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Die übrigen 14 Gefangenen bleiben unverletzt.

taz 27.1.96; FR 27.1.96

 

30. Januar 96

 

Der 25 Jahre alte pakistanische Flüchtling, der am heutigen Tag von der Bezirksstelle für Asyl Freiburg über Frankfurt nach Karatchi abgeschoben werden soll, zieht sich schwerste Verletzungen beim Sprung aus dem Fenster des 2. Stockes der Vauban-Kaserne zu.

SAGA 13.4.96

 

Ende Januar 96

 

Als drei Rumänen vom Bundesgrenzschutz bei Waidhaus – nahe der deutsch-tschechischen Grenze – entdeckt werden, haben sie sich Erfrierungen zugezogen.

BT-Drucksache 13/7135

 

3. Februar 96

 

Am späten Abend schlagen unbekannte Täter in Neckargemünd mit Baseballschlägern gegen die Rolläden der Flüchtlingsunterkunft und zerstören die Satellitenantenne.

AK Asyl Ba-Wü Oktober-November 97

 

7. Februar 96

 

Die kurdischen Flüchtlinge Elif und Ali Soytut sind auf dem Flughafen Stuttgart, um ihre kleinen Kinder (zwei und sechs Jahre alt) in Empfang zu nehmen, die gerade mit einer Maschine aus Istanbul angekommen sind. Plötzlich werden sie von zwanzig Bundesgrenzschutz-Beamten umringt, die den Eltern die Kinder mit Gewalt entreißen und sie sofort wieder in die Maschine zum Rückflug in die Türkei setzen.

    Nach dem Überfall durch die Beamten ist Herr Soytut an der Hand verletzt, und seine Frau erleidet einen Nervenzusammenbruch. Beide kommen in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Nürtingen.

    Die Beamten machen die Eltern für die Aktion verantwortlich, denn in den Aufenthaltspapieren der Mutter stehe ausdrücklich, daß "Familiennachzug nicht gestattet" sei.

taz 9.2.96;

Bürgerrechte & Polizei/CILIP 53/1996

 

9. Februar 96

 

Unbekannte zerschlagen mehrere Fenster eines Flüchtlingsheims in Gladbeck in Nordrhein-Westfalen. Durch die Splitter wird ein zweijähriges Kind am Kopf verletzt.

BeZ 10.2.96

 

9. Februar 96

 

Mehmet Emin Senocak, kurdischer Flüchtling und abgelehnter Asylbewerber, wird in die Türkei abgeschoben und direkt am Flughafen Istanbul festgenommen. Nachdem er zur politischen Polizei in Fatih überstellt wurde, verliert sich seine Spur. Es besteht die Befürchtung, daß er nicht mehr am Leben ist.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98

 

10. Februar 96

 

In Freising – in Bayern – werden 43 Flüchtlinge aus Bangladesch und vier Flüchtlinge aus Sri Lanka mit Unterkühlungen und Erfrierungen entdeckt.

BT-Drucksache 13/7135

 

14. Februar 96

 

Die obersten Stockwerke des Flüchtlingsheimes im schleswig-holsteinischen Wedel brennen aus. Von den 40 dort lebenden BewohnerInnen werden fünf Menschen verletzt; zwei von ihnen müssen wegen Rauchvergiftungen im Krankenhaus behandelt werden.

morgengrauen März 96;

Off limits Nr. 14 1996

 

22. Februar 96

 

Der 33-jährige Asylbewerber Jean-Baptiste Malan läßt sich am Ortsrand von Murrhardt bei Waiblingen in Baden-Württemberg von einem Zug überrollen. Der Mann von der Elfenbeinküste (Côte d´Ivoire) ist sofort tot. Er sollte an diesem Tag abgeschoben werden.

SWP 23.2.96; BeZ 23.2.96; FR 23.2.96;

jW 23.2.96; taz 23.2.96; dpa-Gespräch 27.2.96;

Die Kirche 3.3.96; Pro Asyl

 

22. Februar 96

 

In Köln werden 16 Inder aus einem verschlossenen Kleinlaster von der Polizei befreit. Die Männer sind durchgefroren, aber unverletzt. Die Polizei geht davon aus, daß sich die Flüchtlinge wegen drohender Abschiebungen absetzen wollten. Sie werden alle in Gewahrsam genommen.

FR 23.2.96

 

28. Februar 96

 

Eine Bulgarin wird in Bayerisch Eisenstein – nahe der Grenze zur Tschechischen Republik – mit Erfrierungen an den Füßen aufgefunden und festgenommen.

BT-Drucksache 13/7135

 

29. Februar 96

 

Eine Streife des Bundesgrenzschutzes entdeckt mit Nachtsichtgeräten eine zehn- bis fünfzehnköpfige Menschengruppe in einem grenznahen Waldstück bei Guben. Als die Grenzschützer die Personen kontrollieren wollen, flüchten diese. Ein Beamter zieht seine Waffe und schießt. Ein Pole wird von einer Kugel an der Schulter verletzt.

TS 2.3.96; ND 2.3.96

 

Februar 96

 

Nach abgelehntem Asyl reist der Flüchtling Tcha Kpaou Tchamola "freiwillig" nach Togo zurück. Der Aktivist der Parti pour Démocratie et le Renouveau (PDR) wird auf dem Flughafen in Lomé sofort festgenommen, schwer gefoltert und nach einigen Wochen frei gelassen. Als er in seinem Herkunftsort Bafilo ankommt, stirbt er. Es wird vermutet, daß ihm vor der Entlassung aus der Haft ein giftiges Mittel injiziert worden ist. Die Familie läßt aus religiösen Gründen und aus Angst vor Verfolgung keine Obduktion vornehmen.

    Als der Tod von Tcha Kpaou Tchamola bekannt wird, wird die Familie massiv unter Druck gesetzt und gezwungen, in der Deutschen Botschaft gegenteilige Aussagen zum Tod des Sohnes zu machen.

Aktion Abschiebestop

 

13. März 96

 

Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZASt) in Braunschweig: Altewiekring 20a. Herr M. aus Uganda wird auf dem Flur seines Wohnheimes in Braunschweig von sechs maskierten und dunkel gekleideten Männern umringt, geschlagen, getreten, mehrmals gegen die Wand gestoßen und mit Plastikschnüren gefesselt. Einer der Maskierten tritt ihm gegen das linke Fußgelenk, so daß er hinfällt. Dem stark Blutenden wird sein Pullover über den Kopf gezogen, er bekommt kaum noch Luft und hat Todesangst. Er wird ca. eine halbe Stunde lang bäuchlings liegend, einen Stiefel seiner Bewacher im Nacken, einen anderen im Rücken, auf dem Boden gehalten. Als er in einiger Entfernung uniformierte Beamte sieht, ruft er um Hilfe. Sie helfen ihm nicht, denn die vermummten Täter sind ihre Kollegen vom Mobilen Einsatzkommando (MEK). Nach einer entwürdigenden Leibesvisitation und einer erkennungsdienstlichen Behandlung zunächst in der ZASt, dann auf dem Revier, wird Herr M. entlassen.

    Er begibt sich sofort in notärztliche Behandlung. Er hat Prellungen an den Schultern, dem Nasenbein, dem Schädel und den Rippen, Schürfwunden am rechten Knie und der rechten Schulter, eine Zerrung der Halswirbelsäule, eine Unterblutung des linken Auges und eine Verdrehung des linken oberen Sprunggelenks.

    Anlaß des Polizeiübergriffes war eine von 150 BeamtInnen unterschiedlicher Einheiten durchgeführte "Drogen-

razzia" in dem Flüchtlingsheim. Die BeamtInnen des MEK waren mit Stahlhelmen, schußsicheren Westen und schwarzen Gesichtsmasken ausgerüstet und hatten in dieser Art und Weise Flure gestürmt und Menschen gefesselt.

Polizeiübergriffe 1998;

FRat NieSa, Rundbrief 35, Juli 96

(Presse-Erklärung der Rechtsanwälte Vollmer u. Partner)

 

15. März 96

 

Ein iranischer Flüchtling, der als "blinder Passagier" versucht, nach Deutschland zu kommen, springt von einem in Richtung Hamburg fahrenden Frachtschiff und ertrinkt.

jW 15.4.97; BT-Drucksache 13/7135

 

18. März 96

 

An einer Straßenbahn-Haltestelle in Magdeburg wird ein

23-jähriger Flüchtling aus dem Sudan von einer Gruppe Skinheads attackiert und schließlich mit einer Schreckschußpistole durch einen Nahschuß am Kopf schwer verletzt.

    Noch in der Nacht werden vier Tatverdächtige vorläufig festgenommen. Nach weiteren TäterInnen wird gefahndet.

taz 20.3.96;

Bürgerrechte & Polizei/CILIP 54/1996

 

19. März 96

 

Diekholzen im niedersächsischen Landkreis Hildesheim. Vier Albaner klingeln um 13.30 Uhr bei ihrer Arbeitssuche an einem Gebäude, in dem früher ein Bauunternehmer wohnte. Kurz danach werden sie auf der Straße von Beamten der Hildesheimer Polizei festgenommen, durchsucht und auch getreten.

    Obwohl sie sich alle ausweisen können – drei von ihnen sind Asylbewerber und einer ist anerkannter Flüchtling – werden sie mit angelegten Handschellen in einem Polizeibus zur Kripo nach Hildesheim gefahren und dort erkennungsdienstlich behandelt, verhört und stundenlang inhaftiert. Der gegen sie geäußerte "Vorwurf" lautet, daß sie an einer Haustür geklingelt und durch die Scheibe gesehen haben.

    Während dieser Zeit werden ihre Zimmer im Flüchtlingsheim von Polizeibeamten durchsucht und verwüstet. Auch ein mit dem Namen eines unbeteiligten Zimmerbewohners versehener Koffer wird gewaltsam geöffnet und durchsucht. Alles geschieht ohne Vorlage eines Durchsuchungsbefehls.

    Einige Wochen später erhalten die Albaner von der Staatsanwaltschaft den Bescheid, daß das Verfahren wegen "schweren Diebstahls" gegen sie eingestellt worden sei.

FRat NieSa, Rundbrief 35, April/Mai 96

 

20. März 96

 

In einem Lastwagen an der ungarisch-rumänischen Grenze werden 43 türkische Männer entdeckt. Die Menschen waren offenbar auf dem Weg in die BRD.

FR 21.3.96

 

28. März 96

 

Morgens um 2.30 Uhr klingeln die Rauchmelder in der Flüchtlingsunterkunft Seckenhausen im niedersächsischen Stuhr. Dem Hausmeister gelingt es, alle BewohnerInnen zu wecken und aus dem Haus zu bringen. Drei Menschen müssen mit Rauchvergiftungen in das nächste Krankenhaus.

    Die Kriminalpolizei geht aufgrund der drei Brandnester im Erdgeschoß und sonstiger Spuren eindeutig von Brandstiftung aus. Der Winkel-Bungalow, in dem vor allem Menschen aus Sri Lanka wohnten, wird durch den Brand völlig zerstört.

taz 29.3.96; taz 30.3.96

 

28. März 96

 

In einer Flüchtlingsunterkunft im niedersächsischen Diepholz legen Unbekannte Feuer. Von den 20 vorwiegend aus Sri Lanka kommenden Flüchtlingen werden drei verletzt.

BeZ 29.3.96

 

März 96

 

Braunschweig in Niedersachsen. Als der 26 Jahre alte M. aus Uganda zum Duschen in die zweite Etage seiner Flüchtlingsunterkunft geht, wird er von maskierten Männern angegriffen. Einer packt ihn und stößt ihn gegen die Wand. Er wird von den Männern umstellt und ins Gesicht und gegen den Körper geschlagen. Als M. zu Boden fällt, tritt ihn ein Beamte gegen das Fußgelenk.

    M., der davon ausgeht, daß es sich bei den Tätern um "Neo-Nazis" handelt, erfährt erst später, daß die Männer Polizisten sind, die an einer Drogen-Razzia im Heim beteiligt sind.

    M. hat folgende Verletzungen erlitten: multiple Prellungen an der Schulter, am Nasenbein, am Schädel und an den Rippen, Schürfwunden am rechten Knie und der rechten Schulter und eine Zerrung am oberen linken Sprunggelenk. Ein Arzt, der M. einige Stunden nach dem Vorfall untersuchte, erklärte, der Mann sei von zwei Freunden "fast getragen" worden.

    Die Anzeige, die M. gegen die Beamten stellt, wird – auch nach mehreren Interventionsversuchen von Seiteneines Rechtsanwaltes und von amnesty international – eingestellt. Alle Beamten bestreiten, M. mißhandelt zu haben, und machen geltend, daß der Mann keine "sichtbaren Verletzungen" gehabt habe.

ai 3.7.97

 

Anfang April 96

 

Der 36 Jahre alte zairische Flüchtling Nsindu Kabuiko, Sekretär der Exil-Oppositionspartei "Union pour la Démocratie et le Progrès Social" (UDPS), bekommt in der BRD kein politisches Asyl und wird aus Baden-Württemberg abgeschoben. Direkt auf dem Flughafen in Kinshasa erfolgt seine Festnahme durch "Sicherheitskräfte". Seither gibt es von ihm kein Lebenszeichen mehr.

    Vier Wochen später gibt die Deutsche Botschaft bekannt, daß die Nachforschungen ohne Erfolg geblieben sind.

    Nach Informationen von amnesty international sind in Zaire bereits mehrere aus der BRD abgeschobene Flüchtlinge festgenommen worden und für immer verschwunden.

BeZ 2.5.96; taz 2.5.96;

taz 22.5.96; TS 22.5.96;

Aktion Abschiebestop

 

2. April 96

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Eine 18 Jahre alte Person (S. A.) aus Afghanistan fügt sich selbst Verletzungen zu.

BT-Drucksache 13/8386

 

10. April 96

 

Ein Flüchtling wird im sächsischen Löbau von drei Deutschen angegriffen, mehrfach ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer am linken Unterarm verletzt.

taz 12.4.96

 

13. April 96

 

Ein von Flüchtlingen bewohntes Haus im niedersächsischen Sibesse wird nach Mitternacht von einer Gruppe von ca.

 

sieben Rechtsradikalen überfallen. Die Angreifer treten die Haustür ein, dringen in die Wohnungen und bedrohen die BewohnerInnen massiv.

    Die Hildesheimer Polizei beläßt es bei einer Personalienfeststellung der Täter. Das seien doch nur einige alkoholisierte Jugendliche, erklärte die örtliche Polizei auf Nachfrage.

FRat NieSa, Rundbrief 34, April/Mai 96

 

23. April 96

 

Eine Wasserleiche unbekannter Identität wird in der Nähe von Frankfurt aus der Oder geborgen.

BT-Drucksache 13/7135

 

23. April 96

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Eine 28 Jahre alte Person (G.P.) aus Liberia fügt sich selbst Verletzungen zu.

BT-Drucksache 13/8386

 

24. April 96

 

Die Bulgarin Tatjana Kabakchieva ertrinkt in der Oder bei dem Versuch, über die polnisch-deutsche Grenze zu gelangen. Ein Angler findet ihren Leichnam in Ufernähe nahe dem Frankfurter Klärwerk. Die Tote soll zuvor aus Deutschland abgeschoben worden sein.

UK 26.4.96;

 ND 6.5.96, FFM

 

25. April 96

 

Der Flüchtling Apedo Lossou-Gavo aus Togo, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, erhängt sich im Bezirkskrankenhaus von Landshut einen Tag vor seinem 28. Geburtstag.

    Apedo Lossou-Gavo lebte in Lomé, der Hauptstadt von Togo, und war wie seine Eltern Mitglied der Oppositionspartei UFC. Sein Vater wurde Jahre zuvor erschossen; er selber wurde beim Flugblattverteilen von der Armee festgenommen, in engen Räumen mit anderen Gefangenen festgehalten, geschlagen, gefoltert und zur Zwangsarbeit eingesetzt. Dabei gelang ihm die Flucht. Er wurde von Parteifreunden versteckt, von der Armee aufgespürt, mißhandelt und konnte sich nur durch einen Sprung aus dem Fenster retten. Nun besorgte ihm ein Onkel Paß und Flugticket, so daß er über Benin, Malta und Moskau nach Deutschland einreisen konnte.

    Hier beantragte Apedo Lossou-Gavo Asyl. Seine Anhörung fand im August 1994 statt; der negative Bescheid kam sieben Monate später – Hauptargument: mangelnde Glaubwürdigkeit. Sein Rechtsanwalt klagte dagegen und forderte, ihm zumindest das "kleine Asyl" zuzusprechen. Im August 1995 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab; angeblich drohe ‚einfachen’ Mitgliedern keine Verfolgung.

    Als der Onkel, der ihm die Flucht ermöglicht hatte, in Togo erschossen wurde, legte Apedo Lossou-Gavo bei Gericht Fotos vor und Widerspruch ein. Da er jedoch nicht beweisen konnte, wer den Mord begangen hatte, lehnte der Verwaltungsgerichtshof Ende November 1995 den Widerspruch ab. Damit war die Entscheidung des Bundesamtes rechtskräftig.

    Anfang Januar 1996 wurde Apedo Lossou-Gavo, den alle als still und schüchtern beschrieben, das erste Mal ins Bezirkskrankenhaus eingewiesen, da er tobte und autoaggressiv reagierte. Im Februar kam es zur zweiten Einweisung in eine geschlossene Abteilung mit der Diagnose: paranoide Psychose mit Selbstgefährdung, Suizidgedanken und Fremdaggressivität.

    Aufgrund der psychischen Probleme erhielt Apedo Lossou-Gavo eine vorübergehende Duldung, und sein Rechtsanwalt stellte einen Asylfolgeantrag, über den noch nicht entschieden war. Freunde betonen, Apedo Lossou-Gavo habe nicht verwinden können, daß ihm nicht geglaubt wurde.

Berl. Ztg 2.5.96;

TS 2.5.96; taz 2.5.96; FR 2.5.96; jW 2.5.96;

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98; Pro Asyl;

IMEDANA 26.10.00;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

April 96

 

Potsdam. Zwei Deutsche verprügeln einen Kosovo-Albaner, weil der nicht bereit ist, in der Straßenbahn seinen Sitz zu räumen.

ALB; jW 27.12.96

 

April 96

 

Aliu B., ein 16-jähriger Flüchtling aus Sierra Leone, wird auf dem Bremer Hauptbahnhof festgenommen. Auf der Polizeiwache wird ihm von einem Beamten zweimal ins Gesicht geschlagen, weil er sich nicht fotografieren lassen will.

    Als er sich weigert, ein Brechmittel zu schlucken, werden ihm seine Hände auf dem Rücken gefesselt. Während ihn zwei Beamte festhalten, versucht ein Polizeiarzt, ihm eine Sonde in die Nase einzuführen – bis die Nase blutet. Schließlich wird der 16-Jährige gezwungen, das Brechmittel zu schlucken – und er übergibt sich.

    Er muß das Erbrochene aufwischen und wird dann aus der Polizeiwache hinausgeworfen. Vor dem Gebäude bricht er bewußtlos zusammen. (siehe auch: 29. Oktober 96)

    Ein Rettungswagen bringt ihn dann ins Rote-Kreuz-Krankenhaus.

ai 3.7.97; ai-Jahresbericht 1997;

taz Bremen15.1.05

 

3. Mai 96

 

Ein 18 Jahre alter jugendlicher Flüchtling, schwerst traumatisiert durch Massaker in Liberia, durch die Ermordung seiner Eltern und durch grausamste Mißhandlungen, ist auf dem Weg zu seiner therapeutischen Behandlung. In der Nähe des Hauptbahnhofs der zwei Stunden von seiner Unterkunft entfernt liegenden Großstadt wird er von Polizisten überprüft. Obwohl er seine Duldung, die Erlaubnis der Ausländerbehörde, daß er diese Fahrt machen darf, und die Bescheinigung des Psychosozialen Zentrums vorlegt, wird er festgenommen.

    Ihm werden Hosengürtel und Schuhe weggenommen, seine Hände werden auf dem Rücken mit Plastik- oder Gummischnur fixiert. Er kommt mit anderen Afrikanern in einem Sammelbus in eine Polizeistation.

    Dort werden die Handfesseln durchgeschnitten, und er muß sich – wie auch die anderen Gefangenen – bis auf die Unterhose ausziehen. Einmal wird ihm sein Arm auf den Rücken gedreht, er wird im Nacken gepackt und auf den Boden gedrückt. Dann kniet der Polizist auf ihm und hält ihn so am Boden. Schließlich wird ihm die Unterhose ausgezogen und sein einziger persönlicher Anhänger, den er um den Hals trägt, abgerissen. Splitternackt muß er über den Flur gehen, auf dem viele Leute – auch Frauen – sind. Am späten Nachmittag wird er freigelassen, viel zu spät für die Therapiestunde und auch zu spät für den letzten Zug in den Ort seiner Unterbringung.

FR 25.5.96; UNBEQUEM 4/96;

Bericht des Betroffenen

 

9. Mai 96

 

Ein Flüchtling aus dem Libanon wird nach seinem "unerlaubten" Grenzübertritt in einem völligen Erschöpfungszustand in Hundsbach in Rheinland-Pfalz aufgefunden.

BT-Drucksache 13/7135

 

9. Mai 96

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Eine 26 Jahre alte Person (M. I.) aus Nigeria fügt sich selbst Verletzungen zu.

BT-Drucksache 13/8386

 

24. Mai 96

 

Bei einer Razzia im Flüchtlingsheim Tönisvorst in Nordrhein-Westfalen werden am Morgen der 25-jährige Flüchtling A. A. aus Togo und der Asylbewerber T. A. aus Côte d´Ivoire (Elfenbeinküste) in Unterwäsche mitgenommen und zur Krefelder Hauptwache gebracht. Hier werden Herrn A. sein Ausweis und seine Dauerfahrkarte abgenommen und es erfolgt eine erkennungsdienstliche Behandlung. Dann wird er zusammen mit T. A. aus der Wache herausgeworfen.

    Durch einen Spalt in der Tür fordert A. A. die Rückgabe seiner Dauerfahrkarte. Da versetzt ihm ein Beamter einen kräftigen Kinnhaken und zerrt ihn zurück in die Wache. Hier geschieht es, daß ein Beamte Herrn A. festhält, während sein Kollege ihn mit Faustschlägen in die Nierengegend traktiert.

    Mittags wird der Togolese – immer noch in Unterwäsche – aus der Wache entlassen. Ein Arzt diagnostiziert noch am selben Tag Prellungen am Kinn und an der rechten Flanke.

    Der Herrn A. vertretende Rechtsanwalt stellt fest, daß die festgenommenen Afrikaner im Durchsuchungsprotokoll unter der Rubrik "sichergestellte Gegenstände" aufgelistet sind.

    Im Januar 97 teilt die Staatsanwaltschaft Krefeld mit, daß einer der Beamten wegen der Mißhandlungen von Herrn A. zu einer Geldstrafe in Höhe von 7000 DM verurteilt worden ist. Die Ermittlungen gegen Herrn A. selbst wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Körperverletzung werden eingestellt.

Polizeiübergriffe 1996; ai Mai 3.7.97

 

26. Mai 96

 

Eine nicht zu identifizierende Person wird bei der sächsischen Ortschaft Sagar aus der Neiße geborgen.

BT-Drucksache 13/7135

 

26. Mai 96

 

In der Justizvollzugsanstalt Kassel-Wehlheiden sterben bei einem Zellenbrand zwei 20-jährige algerische Gefangene. Weil beide Opfer als drogenabhängig – einer von ihnen zudem als suizidgefährdet – eingestuft waren, befanden sie sich auf der Station E im Zentralkrankenhaus der Justizvollzugsanstalt.

    Die Haftgründe waren illegaler Aufenthalt und der Besitz von zwei Gramm Kokain. Die Gefängnisleitung spricht von einem Doppelselbstmord. Die Feuerwehr und auch antirassistische Gruppen widersprechen dem, zumal die Notrufanlage defekt war und die Gefangenen über eine halbe Stunde um Hilfe geschrien haben, bis die Schließer aufmerksam wurden. Ein Löschschlauch, der sich in der Nähe der Zelle befand, blieb unbenutzt, weil der Schlüssel zum Kasten fehlte.

taz 28.5.96; BeZ 28.5.96;

FR 28.6.96;

 jW 12.7.96;

FR 23.7.96;

ND 27.9.99; ak 17.10.96

 

27. Mai 96

 

Der 27-jährige Flüchtling Yemu Kebede aus Äthiopien erhängt sich im Kreiskrankenhaus Hellersen.

Pro Asyl;

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98

 

Ende Mai 96

 

Ein Asylbewerber aus dem ehemaligen Jugoslawien wird in Cottbus von sechs Jugendlichen überfallen und zusammengeschlagen.

MOZ 14.9.96

 

Mai 96

 

Das sächsische Staatsministerium des Innern gibt bekannt, daß in dem Zeitraum von Januar 1995 bis Mai 1996 ein pakistanischer Flüchtling aus der Neiße geborgen wurde.

Sächsisches Staatsministerium des Innern 25.8.96

 

Mai 96

 

Der Flüchtling Kuku Kiluvava wird morgens um 3.30 Uhr in seiner Unterkunft abgeholt und über Paris nach Zaire abgeschoben. Dann verliert sich seine Spur. Die Familie hat nie wieder eine Nachricht von ihm erhalten.

Aktion Abschiebestop

 

6. Juni 96

 

Der 16-jährige Jude Akubakar aus Sierra Leone ertrinkt im Ziegelwiesenkanal in Hamburg. In der Vermutung, es seien Zivilpolizisten bei einer Razzia, sprang er aus dem Fenster des Wohnschiffes, als es an der Tür klopfte. Denn er war in Halberstadt in Sachsen-Anhalt als Asylbewerber gemeldet und durfte sich nicht in Hamburg aufhalten. Obwohl sofort Alarm gegeben wurde und auch die Wasserschutzpolizei schnell vor Ort war, machten Polizei und Feuerwehr keinerlei Rettungsversuche. Erst die mit einem Hubschrauber eingeflogenen Taucher, die 40 (!) Minuten später eintrafen, gingen ins Wasser. Jude A. konnte nur noch tot geborgen werden.

    Die BewohnerInnen des Wohnschiffes protestierten gegen dieses Verhalten der Rettungsmannschaften, indem sie Müllcontainer anzündeten.

ND 8.6.96;

 Off limits Nr. 15 Sept./Okt. 1996

 

7. Juni 96

 

Der türkische Gefangene Adem Aslam wird im Hamburger Abschiebegefängnis Glasmoor in Norderstedt zur Abschiebung abgeholt. Als er sich gegen die Fesselung mit Handschellen wehrt, wird er von drei Beamten zusammengeschlagen und auch am Boden liegend noch getreten. Mit einer gebrochenen Nase wird er dann ins Krankenhaus eingeliefert und operiert.

    Noch vor der eventuell stattfindenden Hauptverhandlung gegen die Beamten wird das Opfer der Mißhandlungen, Adem Aslam, in die Türkei abgeschoben.

taz 21.6.96; taz 12.7.96

 

15. Juni 96

 

In einem Flüchtlingsheim in Mühlheim bei Offenbach werden bei einem Brand sieben von den 120 dort lebenden Menschen aus Indien und Pakistan verletzt. Ein technischer Defekt als Brandursache wird vermutet.

WamS 16.6.96

 

15. Juni 96

 

Berlin. Obwohl der Kurde Mehmet Cartuk darum gebeten hatte, "freiwillig" in die Türkei zurückkehren zu dürfen, um einer Verhaftung am Flughafen zu entgehen, wird er offiziell und in Begleitung von BGS-Beamten abgeschoben. Der seit 1989 in der BRD lebende Militärdienstverweigerer der türkischen Armee wird noch am Flughafen wegen Desertion und PKK-Unterstützung in Haft genommen. Nach zehn Tagen kommt er mit Hilfe des türkischen Menschenrechtsvereins und Zahlung von Bestechungsgeld frei.

    Dann wird er gezwungen, einen verlängerten Strafmilitärdienst im kurdischen Gebiet im Südosten der Türkei abzuleisten.

EKD, S. 27 (BAG)

 

17. Juni 96

 

In Brandenburg an der Havel wird ein 36-jähriger Flüchtling aus Pakistan aus einer Gruppe angepöbelt. Ein 17-Jähriger schießt ihm mit einer Schreckschußpistole direkt ins Gesicht. Der Angegriffene erleidet so schwere Augenverletzungen, daß er auf einem Auge blind bleibt.

FR 19.6.96; BeZ 20.6.96; jW 27.12.96

 

19. Juni 96

 

Der direkt aus der Abschiebehaft in Berlin ausgeflogene Bengale Kalayan Chaklader wird auf dem Flughafen von Dhaka verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Er war seit 1991 in der BRD, nachdem seine Eltern von der Regierungsarmee ermordet worden waren und er als Angehöriger eines oppositionellen Bergvolkes der Chittagong-Region um sein Leben fürchtete. Sein Asylantrag war abgelehnt worden. Nur durch eine Kaution, die ein Freund aus Berlin-Kreuzberg aufbrachte, wurde er am 28. Juni vorläufig aus der Haft in Dhaka entlassen.

ND 4.7.96

 

24. Juni 96

 

Der Kurde Mehmet Kaya wird von einem Kommando der "Türkischen-Rache-Armee" in der Nähe von Elbistan in der Türkei erschossen. Der Oppositionelle hatte mehrmals versucht, in der BRD politisches Asyl zu bekommen, und lebte vier Jahre lang in Heidelberg. Mit der Begründung, er sei nur "Mitläufer" und er habe in der Türkei "nichts zu befürchten", lehnte das Verwaltungsgericht Mannheim den Asylantrag ab. Ende Oktober 1993 war die Familie Kaya in die Türkei abgeschoben worden.

RNZ 20.7.96

 

25. Juni 96

 

Berlin. Der abgelehnte Asylbewerber Victor Onag Hnor aus Nigeria ertränkt sich in der Havel. Nach längerem illegalen Aufenthalt und anschließender Inhaftierung im Abschiebegewahrsam wurde ihm bei seinem zweiten Klinikaufenthalt in einer psychiatrischen Abteilung nun die Abschiebung angedroht. Er starb in seinem 27. Lebensjahr.

Pro Asyl;

Asyl in der Kirche e.V., Berlin

 

29. Juni 96

 

Als die beiden illegal eingereisten rumänischen Männer (18 und 21 Jahre alt) von einer Zollstreife in Altenberg bei Pirna auf dem Marktplatz kontrolliert werden sollen, fliehen sie, überwinden einen Schutzzaun der Zinnerzgrube und stürzen 100 m in die Tiefe. Sie sterben noch am Unfallort.

SäZ 1.7.96; ND 2.7.96

 

Juni 96

 

Der 27 Jahre alte kurdische Flüchtling Ibrahim Toprak wird an der deutsch-österreichischen Grenze vom Bundesgrenzschutz festgenommen. Seiner Rechtsanwältin berichtet er, daß er bei der Festnahme durch einen Wagen des BGS angefahren wurde. Die Beamten hätten ihn "splitternackt ausgezogen" und ihn die ganze Nacht warten lassen. Sie hätten ihn beleidigt und ihm nichts zu essen gegeben. Am nächsten Morgen wird er in Anwendung der Drittstaatenregelung nach Österreich zurückgeschoben und von dort am 31.7.96 nach Istanbul abgeschoben.

    Die Flughafenpolizei nimmt Herrn Toprak fest und übergibt ihn um Mitternacht der Anti-Terror-Abteilung. Dort wird Herr Toprak so schwer gefoltert, daß er ein "Geständnis" unterschreibt, in dem steht, daß er sich an gewalttätigen Demonstrationen beteiligt hat und "Sympathien für die illegale Organisation PKK" geäußert hat.

    Am 9. August 96 wird er in das Gefängnis Sakarya gebracht. Vor dem Staatssicherheitsgericht Istanbul widerruft er das Foltergeständnis. Am 15. Juli 98 wird Ibrahim Toprak zu 18 Jahren Haft verurteilt. Er sitzt zur Zeit im Gefängnis von Bursa.

    Über ein Jahr hat es gedauert, bis der niedersächsische Flüchtlingsrat, Pro Asyl und der UNHCR den Verbleib von Ibrahim Toprak recherchieren konnten.

Dokumentation vom FRat NieSa, Januar 99; ND 3.2.99;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Juni 1999;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Mai 2000;

Dokumentation vom FRat NieSa, Juli 2002

 

Sommer 96

 

Ein Asylbewerber aus Guinea wird im westfälischen Münster unter dem Verdacht des Drogenhandels festgenommen. Wegen verdächtiger "Schluckbeschwerden" bringen ihn die Beamten ins St.-Johannes-Krankenhaus, wo ihm – ohne sein Wissen und ohne seine Einwilligung – der Magen operativ geöffnet wird und aus diesem fest verschweißte und mit Kokain gefüllte Plastikkügelchen entfernt werden.

    Der Afrikaner flieht aus dem Krankenhaus und erstattet Anzeigen gegen die Polizei und gegen die Ärzte. Das Verfahren gegen die Polizisten wird schnell eingestellt; das Verfahren gegen die Ärzte ist an eine Kammer des Oberlandesgerichts Hamm verwiesen worden.

UNBEQUEM 6/98; taz 20.5.98

 

3. Juli 96

 

Ein Flüchtling von der Elfenbeinküste (Côte d´Ivoire) wird nach abgelehntem Asylbegehren mit einem Rückreisedokument der Ivoirischen Botschaft in Bonn von Hamburg direkt nach Abidjan abgeschoben.

    Am nächsten Tag bekommt er von der Polizei die Erlaubnis, vom Flughafen aus seine Rechtsanwältin in Deutschland anzurufen. Er verspricht, sich sobald wie möglich wieder zu melden. Dieses geschieht nicht, und auch im Januar 2004 gibt es kein Lebenszeichen von ihm.

Aktion Abschiebestop

 

7. Juli 96

 

Muldenstein in Sachsen-Anhalt. Zwölf Jung-Nazis pöbeln zwei Asylbewerber aus Togo und Sierra Leone an. Als die beiden Afrikaner die Flucht ergreifen, starten ihre Verfolger ein Auto und treiben damit die Männer vor sich her. Dreimal versuchen die Täter, ihre Opfer gegen einen Gartenzaun zu quetschen. Den Afrikanern gelingt es, der Gewalt zu entkommen.

FR 20.7.96; ND 23.7.96

 

7. Juli 96

 

Ein ägyptischer Flüchtling, der versucht hatte, die Oder zu durchqueren, wird bei Winterhafen bewußtlos aus dem Wasser gezogen.

BT-Drucksache 13/7135

 

11. Juli 96

 

Sechs rumänische Flüchtlinge werden völlig erschöpft aus ihren Verstecken geholt. Die bayerische Grenzpolizei in Passau meldet, daß in den folgenden Tagen weitere zwölf Männer in den aus Budapest eintreffenden Zügen entdeckt werden. Die Menschen waren in Unterflurkästen für Zugbatterien unter den Eisenbahnwaggons eingeschlossen, deren Größe 50 x 100 cm maß. Die Menschen harrten laut Polizei dort "frierend, hungernd und den Bremsstaub schluckend bis zu 24 Stunden" aus.

FR 24.7.96; BT-Drucksache 13/7135

 

15. Juli 96

 

Justizvollzugsanstalt Erding in Bayern. Der 49 Jahre alte Abschiebegefangene Juri Palienko wird von einem Mitgefangenen im Freizeitraum gefunden. Er hat sich mit seinem Gürtel am Wasserhahn eines Waschbeckens erhängt. Eine Wiederbelebung gelingt zunächst, so daß er ins Erdinger Krankenhaus gebracht werden kann. Als sich sein Zustand wieder verschlechtert, kommt er in ein Krankenhaus nach München, wo er seinen schweren Verletzungen erliegt.

    Den Verantwortlichen in der JVA war seine Suizidalität durchaus bekannt. Trotzdem ließen sie ihm seinen Hosengürtel, denn er hätte ja "genauso gut ein Bettuch zusammenrollen können", so der Regierungsdirektor Arnulf Egner in der Süddeutschen Zeitung vom 23. August 96.

    Juri Palienko hatte in der Ukraine der "Volksbewegung Ruch" angehört, die für die Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion eintrat. Durch eine öffentliche Rede bei einer Kundgebung im Sportstadion von Odessa im Juni 1989 geriet er ins Visier der Überwachungsbehörden. Er wurde festgenommen und massiv unter Druck gesetzt.

    Ende August 1990 reiste Juri Palienko in die BRD ein und stellte einen Asylantrag. Nachdem dieser am 23. Dezember 93 als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt worden war, folgten Jahre der ablehnenden Bescheide, der immer geringer werdenden Hoffnung auf eine positive Lebensperspektive und der ständigen Angst vor der Abschiebung. Als Herr Palienko durch die Manipulation seines Sachbearbeiters im Ausländeramt Erding auch noch seinen Arbeitsplatz verlor, geriet er außer Balance und wurde psychisch krank. Im April 1996 kam er nach zahlreichen schweren Depressionen für eine stationäre Behandlung in ein Krankenhaus.

    Dann gab Herr Palienko auf und besorgte sich die Rückkehrzertifikate für die Ukraine. Noch am 4. oder 5. Juli war er im Ausländeramt Erding, um seine Ausreise zu besprechen. Diese stand unmittelbar bevor, zumal zwei ukrainische Männer, Freunde seiner Tochter, bereits angekommen waren, um mit ihm zurückzufahren.

    Auf Veranlassung des Sachbearbeiters Wanka vom Ausländeramt Erding wurde Herr Palienko am 9. Juli frühmorgens in seiner Wohnung in Isen durch Polizeibeamte festgenommen – sechs Wochen vor dem Ende der Ausreisefrist! – und in die Justizvollzugsanstalt Erding eingeliefert.

    Freunde und Bekannte, die Juri Palienko in den folgenden Tagen besuchten, sprachen die bewachenden Beamten mehrmals und vehement darauf an, daß Juri Palienko offensichtlich seinem Leben ein Ende machen wolle. Auch ein Mitgefangener machte sich Sorgen und informierte Freunde von Herrn Palienko, daß sie etwas unternehmen sollten. Alle diese verschiedenen Warnungen und Mahnungen wurden von Seiten der Beamten offensichtlich ignoriert.

    Der Anwalt von Juri Palienko stellt im Namen seiner Tochter Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung und Tötung durch Unterlassen. Das hierauf eingeleitete Ermitt

lungsverfahren wird am 24. Oktober 97 eingestellt. Auch die Strafanzeige gegen das Ausländeramt Erding bleibt erfolglos.

jW 22.7.96; taz 23.8.96;

SZ 23.8.96; taz 24.8.96; SZ 29.8.96;

FRat Bayern infodienst, Nr. 51;

Bayerischer Landtag Drucksache 14/3299;

IMEDANA 26.10.00; jW 2.6.04;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

19. Juli 96

 

Zwei Erwachsene einer fünfköpfigen afghanischen Familie, Frau und Herr S., werden von zwei Beamtinnen und zwei Beamten des Bundesgrenzschutzes auf dem Flughafen Frankfurt am Main mit körperlicher Gewalt am Aussteigen aus der Maschine gehindert und erleiden schwere Blutergüsse und Prellungen.

    Die Flüchtlingsfamilie war zwei Tage vorher von Frankfurt aus nach Moldawien abgeschoben worden – Herrn S. hatten Polizisten direkt aus dem Waldkrankenhaus Köppern aus einer noch andauernden stationären Behandlung zur Abschiebung herausgeholt.

    Von Moldawien aus, so hatte sich die 5. Kammer des Frankfurter Verwaltungsgerichts geäußert, sei dem Ehepaar und den drei Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren ein 5000 km langer Landweg nach Afghanistan zuzumuten, denn es seien "alle Städte innerhalb Afghanistans auf dem Landweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus den benachbarten Staaten aus erreichbar."

    In Moldawien wurde der Familie allerdings die Einreise verweigert, so daß sie zurück nach Frankfurt am Main flohen. Hier geschahen die Mißhandlungen durch BGS-Beamte.

    Die Rechtsanwältin der Flüchtlingsfamilie erstattet Strafanzeige wegen Körperverletzung, die direkt mit der Ankündigung vom BGS gekontert wird, eine eigene Strafanzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu stellen.

Pro Asyl 18.7.96; Pro Asyl 22.7.96;

Pro Asyl 23.7.96;

taz 23.7.96; ND 23.7.96; taz 26.7.96;

FR 12.9.96; UNBEQUEM 9/96

 

23. Juli 96

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Eine 18 Jahre alte Person (O.T.) aus Nigeria fügt sich selbst Verletzungen zu.

BT-Drucksache 13/8386

 

25. Juli 96

 

Acht Flüchtlinge werden in einem aus Westafrika kommenden Frachter im Hamburger Hafen entdeckt. Sie hatten sich 15 Tage lang unter der Kakao-Ladung versteckt gehalten, und ihre Lebensmittel waren seit langem zuende. Nach Verhör durch einen Untersuchungsrichter werden die Männer in ihr Herkunftsland zurückgeschoben.

ARD "Morgenmagazin" 26.7.96;

BT-Drucksache 13/7135

 

30. Juli 96

 

In Offenbach wird ein indischer Fluchthelfer festgenommen. Er soll laut Polizei Hunderte von Menschen unter katastrophalen Umständen nach Europa gebracht haben. Für 12.000 DM wurden die Menschen "wie Vieh" in umgebauten Reisebussen und Lastwagen "verschoben". "Einige dürften auf der weiten Reise zu Tode gekommen sein."

BeZ 31.7.96

 

31. Juli 96

 

Im Düsseldorfer Stadtteil Wersten werfen vier Jugendliche Molotow-Cocktails in den Toilettentrakt des Wohncontainers eines Flüchtlingsheimes. Verletzt wird niemand. Die Täter werden wegen versuchter Brandstiftung und versuchter gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft genommen.

BeZ 5.8.96; BeZ 25.3.97

 

31. Juli 96

 

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Abschiebung eines fünfjährigen türkischen Mädchens für Rechtens erklärt. Einzige Bezugspersonen sind seine Großeltern, die seit Jahren in München leben, denn die Mutter des Mädchens ist psychisch schwer krank.

BeZ 1.8.96

 

Juli 96

 

In Salzgitter in Niedersachsen rammen mit Skimützen vermummte Zivilbeamte ein Auto, schlagen auf Fahrer und Beifahrer ein und stülpen dem Beifahrer einen Jutesack über den Kopf, verschnüren ihn und entfernen ihn erst wieder auf der Polizeiwache. Bei den Opfern dieses Überfalls handelt es sich um die kurdischen Asylbewerber Abdullah D. und Kamil K. Die beiden werden wieder freigelassen, als sich herausstellt, daß die Polizisten sich in den Personen geirrt haben. Es sollten ursprünglich zwei andere Kurden festgenommen werden, die unter PKK-Verdacht stehen.

    Kamil K. kommt nach der Freilassung mit einer Gehirnerschütterung und zahlreichen Hautverletzungen und Prellungen zur stationären Behandlung ins Krankenhaus.

    Das niedersächsische Innenministerium bestreitet am 25.7.97, daß ein Beamter des Mobilen-Einsatz-Kommandos Kamil K. auf türkisch angedroht habe, ihm in den Mund zu schießen.

taz 27.7.96; UNBEQUEM 9/96

 

Juli 96

 

Hannover. Ein Flüchtling aus Kasachstan, der des Ladendiebstahls verdächtigt wird, wird von den gerufenen Polizeibeamten mit Handschellen von außen(!) an das Polizeifahrzeug angeschlossen und so zur Wache transportiert.

    Die Beamten begründeten diese Vorgehensweise mit einer Hauterkrankung des Verdächtigen, in der sie Krätze zu erkennen glaubten.

taz 27.7.96

 

Anfang August 96

 

Insgesamt 13 junge Deutsche fahren mit ihren Autos vor das Flüchtlingsheim im sächsischen Frohburg und skandieren "Heil Hitler" und fordern die BewohnerInnen mit "Ausländer raus" zum Verlassen der Unterkunft auf.

    Die Sonderkommission Rechtsextremismus nimmt 12 Personen vorübergehend fest.

taz 5.9.96

 

1. August 96

 

Ein 32-jähriger Albaner schießt auf einen 22-jährigen Sachbearbeiter des Ausländeramtes Gelsenkirchen und verletzt ihn lebensgefährlich.

    Anschließend verschanzt er sich in einem Raum und erschießt sich selbst.

BeZ 2.8.96

 

4. August 96

 

Unbekannte werfen einen Brandsatz auf das Dach des Flüchtlingsheimes im nordrhein-westfälischen Wenden im Kreis Olpe. Die 15 Personen, die sich zur Zeit des Anschlags im Hause befinden, kommen mit dem Schrecken davon.

BeZ 6.8.96

 

4. August 96

 

Die 26-jährige File Hasanxhekaj Imeri aus Shipol im Kosovo und ihre drei Kinder Arlinda (7), Majlinda (2) und Arian (1) werden am Ende ihrer "freiwilligen" Rückkehr am Flughafen Prishtina einen Tag lang festgehalten und dann gezwungen, auf eigene Kosten nach Deutschland zurückzufliegen.

Kosovo-Kosovo, S. 70;SFH 20.11.96

 

5. August 96

 

15 Jugendliche überfallen ein Aussiedlerheim im sächsischen Neusalza-Spremberg, schlagen mit Zaunlatten auf die BewohnerInnen ein und bedrohen eine Frau mit einem Messer.

BeZ 9.8.96

 

6. August 96

 

Mit einem Rückreisedokument der Ivoirischen Botschaft in Bonn wird ein abgelehnter Asylbewerber von Hamburg aus direkt nach Abidjan abgeschoben. Er hatte mit seinen Betreuern aus dem Flüchtlingskreis Hamburg verabredet, daß er einen Brief schreiben würde, wenn er keine Probleme habe, daß er aber eine Karte schreiben werde, wenn es Probleme gäbe.

    Er schreibt eine Karte in deutscher und englischer Sprache, obwohl er weiß, daß die MitarbeiterInnen des Flüchtlingskreises französisch sprechen. Eine Unterschrift fehlt.

    Nachfragen aus Hamburg bei seiner Familie ergeben, daß die Angehörigen kein Lebenszeichen von ihm haben. Kurz darauf ruft der Flüchtling selbst in Hamburg an und teilt mit, daß er jetzt freigelassen und unter Hausarrest gestellt sei und daß er demnächst untertauchen werde.

Aktion Abschiebestop

 

7. August 96

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Eine 32 Jahre alte Person (K.I.) aus Zaire fügt sich selbst Verletzungen zu.

BT-Drucksache 13/8386

 

8. August 96

 

Erst das Bundesverfassungsgericht hebt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf auf, aufgrund der ein vierjähriges schwerstkrankes kurdisches Kind in den Libanon abgeschoben werden sollte.

BeZ 8.8.96

 

Mitte August 96

 

Der kurdische Asylbewerber Metin Akbel wird – zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern – aus Niedersachsen in die Türkei abgeschoben. Direkt auf dem Flughafen in Istanbul wird er verhaftet und ist seither spurlos verschwunden.

FR 9.9.96

 

17. August 96

 

Zwei Schwarze – vermutlich aus Afrika – werden in der

U-Bahnlinie 5 in Berlin-Friedrichshain von vier Jung-Nazis angepöbelt, mit einer Waffe bedroht und schließlich angeschossen. Den Opfern gelingt die Flucht, und da sie keine Anzeige erstatten, bleiben sie anonym.

TS 29.8.96

 

22. August 96

 

Eine nicht zu identifizierende tote Person wird bei Guben an der deutsch-polnischen Grenze aus der Neiße geborgen.

BT-Drucksache 13/7135

 

24. August 96

 

Abschiebegefängnis Glasmoor in Norderstedt bei Hamburg. Der nigerianische Flüchtling Okonto S. wird in seiner Zelle von vier Beamten angegriffen. Ihm wird ein Essenstablett auf den Kopf geschlagen, er wird geohrfeigt und mit Fußtritten und Faustschlägen traktiert. Obwohl vier Mitgefangene den Vorfall bezeugen können und die Beamten sich in Widersprüche verwickeln, wird das Ermittlungsverfahren gegen die Beamten eingestellt – und Okonta S. abgeschoben.

taz 19.11.97

 

25. August 96

 

Eine Wasserleiche unbekannter Identität wird in der Nähe der sächsischen Stadt Görlitz aus dem Wasser der Neiße geborgen.

BT-Drucksache 13/7135

 

26. August 96

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Eine 31 Jahre alte Person (M. A.) aus dem Iran fügt sich selbst Verletzungen zu.

BT-Drucksache 13/8386

 

August 96

 

Um einer gewaltsamen Abschiebung zu entgehen, fahren die 70-jährige Andja Matic und ihr 34 Jahre alter Sohn Ivica Matic nach Sarajewo, um Möglichkeiten des Lebens in der Stadt sich zu erkunden. Im Schuppen hinter dem Haus tritt Ivica M. auf eine Tretmine und verblutet in den Armen seiner Mutter.

    Ivica M. war 1994 aus der Armee desertiert und dann zu seiner Mutter nach Wiesbaden geflohen.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96 (focus 39/1996)

 

3. September 96

 

Wunsiedel in Bayern. In der Mittagszeit dringen Polizeibeamte in die Räume der freikirchlichen Adventsgemeinde ein, nehmen den 28-jährigen Saguintaah Bilakinam Solona fest und führen ihn in Handschellen ab. Die Gemeinde hatte dem Flüchtling aus Togo vor fünf Monaten Kirchenasyl gewährt, um ihn vor der Abschiebung zu schützen. Wenige Tage vorher hatte Innenminister Beckstein zugesichert, daß in Bayern kein Kirchenasyl mit Polizeigewalt aufgelöst werden würde.

    Noch am gleichen Tag sitzt Saguintaah Bilakinam Solona im Flugzeug nach Togo.

    Saguintaah Bilakinam Solona ist der Sohn eines in Togo bekannten ehemaligen Militärs, der sich geweigert hatte, mit Eyadema zu kollaborieren. Der Vater war daraufhin 1963 in Haft gekommen und wurde dort körperlich und seelisch zerstört. Saguintaah Bilakinam Solona selbst war Mitglied im Comité d'Action pour le Renouveau (CAR) und hatte sich auch als Laienprediger gegen das Eyadema-Regime ausgesprochen.

    Am Flughafen Lomé erwartet ihn ein hochrangiges Empfangskomitee: der Innenminister Memen (auch zuständig für den Geheimdienst), der Kommandant des Flughafens, der Präsident der regierungsamtlichen Menschenrechtsorganisation (CNDH) Assouma, der deutsche Botschafter Simon und dessen Stellvertreter Morhard.

    Am nächsten Tag wird Saguintaah Bilakinam Solona bei Präsident Eyadema in Gegenwart zweier Minister seinem kranken Vater gegenübergestellt. Er wird gezwungen, Eyadema aus seinen deutschen Asylunterlagen (!) vorzulesen. Er wird beschimpft und bedroht, dann jedoch freigelassen. Da Geheimpolizisten regelmäßig bei seinen Eltern nach ihm suchen, taucht er unter.

    Deutsche Polizei, das ZDF-Magazin "Frontal" (Sendung am 18.3.97) und auch das togoische Regime diffamieren ihn öffentlich als "Asylbetrüger".

    Als Saguintaah Bilakinam Solona von einem Mordanschlag erfährt, der gegen ihn geplant ist, flieht er ein zweites Mal in die BRD. Im November 1997 stellt er in Bayreuth erneut einen Antrag auf Asyl.

    Am 27. November veranstaltet er eine Pressekonferenz in München im Haus der Kirche. Es gelingt ihm sogar, seinen gebrechlichen Vater nach München zu holen. In der staatlichen Presse Togos wird die Veranstaltung als "Lügenveranstaltung" und "Satansdienst" diffamiert.

    Am 3. Februar 1998 wird Saguintaah Bilakinam Solona nach Frankreich abgeschoben ("sicheres Drittland").

SZ 5.9.96; taz 9.9.96; taz 8.11.97;

Pro Asyl 19.11.97; taz 28.11.97; taz 4.2.98;

Aktion Abschiebestop

 

4. September 96

 

Ein jugendlicher Flüchtling aus Bangladesch wird auf dem Gelände der sogenannten Clearing-Stelle, der Aufnahmeeinrichtung für jugendliche Flüchtlinge in Berlin, tot aufgefunden. Er soll aus dem "1. oder 2. oder 3." Stock des Hauses zu Tode gestürzt sein. Die Kriminalpolizei schließt die Ermittlungen mit der Begründung "keine Hinweise auf Fremdverschulden" innerhalb einer Woche ab.

FRat Berlin;

 

4. September 96

 

Als die Flüchtlinge Herr und Frau P. in der Ausländerbehörde Halle an der Saale ihre Duldungen verlängern lassen wollen, erfolgt ihre Festnahme, und sie kommen in Abschiebehaft. Die für den 10. September geplante Abschiebung muß am Flughafen abgebrochen werden, weil auf den Reisedokumenten die Fotos vertauscht sind. Nach einem weiteren kurzen Aufenthalt in Abschiebehaft erfolgt dann die Abschiebung nach Zaire.

    Das Ehepaar hat sich seitdem weder bei seinen Familien noch bei hiesigen BetreuerInnen oder FreundInnen gemeldet.

Aktion Abschiebestop

 

7. September 96

 

An diesem Wochenende werden zwei männliche Leichen in der Nähe der sächsischen Stadt Görlitz aus der Neiße geborgen. Es handelt sich nach Auskunft der Polizeidirektion Görlitz um "Ausländer ohne Papiere". Sie seien ungefähr eine Woche vorher ertrunken.

FFM; SZ 10.9.96; BT-Drucksache 13/7135

 

8. September 96

 

Ein "lebloser menschlicher Körper" wird im rechten Fahrwerkschacht eines auf dem Flughafen Frankfurt am Main gelandeten Flugzeuges gefunden. Die Nationalität der Person ist unbekannt.

jW 15.4.97; BT-Drucksache 13/7135

 

9. September 96

 

Eine vermutlich ertrunkene Person wird bei Frankfurt aus der Oder geborgen.

BT-Drucksache 13/7135

 

10. September 96

 

Der Oppositionelle Felix Erhahon wird aufgrund einer "Panne der Zentralen Ausländerbehörde Köln" (Zitat der Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann), jedoch auf ausdrückliche Anweisung des Bonner Ausländeramtes nach Nigeria abgeschoben. Das geschah, obwohl vorher schriftlich versichert wurde, mit einer eventuellen Abschiebung bis nach der Entscheidung der Härtefall-Kommission NRW zu warten, die eine Woche später hätte gefällt werden sollen.

    Felix Erhahon ist seit seiner Abschiebung nach Nigeria spurlos verschwunden.

ArGiB 18.9.96

 

11. September 96

 

Die Bundesregierung antwortet auf eine kleine Anfrage der PDS, daß zwei Fälle bekannt wurden, in denen Flüchtlinge auf dem Weg in die BRD in Lastkraftwagen zu Tode kamen.

wib 11.9.96

 

14. September 96

 

Der 24-jährige abgelehnte Asylbewerber Florim Hoxha aus dem Kosovo wird in Stuttgart festgenommen und zwei Tage später in Handschellen abgeschoben.

    Schon auf dem Flughafen in Prishtina werden er und zwei andere abgeschobene Kosovo-Albaner von der Polizei mißhandelt. Florim Hoxha wird um 400 DM beraubt und mit Meldeauflagen vorerst entlassen. Auch in seinem Heimatdorf Belanica in der Gemeinde Malisheva wird er mehrmals festgenommen und mißhandelt.

ai 17.10.96; Kosovo-Kosovo, S. 70;

SFH 20.11.96

 

14. September 96

 

Der Kriegsdienstverweigerer und in Deutschland abgelehnte 22-jährige Asylbewerber Mustafa Hajrullahu aus dem Kosovo wird in der Wohnung seines Vaters in München von vier Polizisten festgenommen und dann mit anderen Albanern am Flughafen Stuttgart serbischen Polizisten der Staatssicherheit (zwei bewaffneten Personen in Zivil) übergeben. Auf dem Flughafen von Prishtina wird Mustafa Hajrullahu von der Polizei verhört und körperlich mißhandelt.

ai 17.10.96; Kosovo-Kosovo, S. 71;

SFH 20.11.96

 

15. September 96

 

Der abgelehnte Asylbewerber Amir Drugzani kehrt "freiwillig" in den Kosovo zurück. Schon am Flughafen Belgrad wird er von der Polizei festgenommen, geschlagen und mit dem Tode bedroht. Auch in Prishtina wird er festgenommen und verhört. Er gibt an, daß außer ihm noch fünf weitere Kosovo-Albaner, die mitgereist sind, auf ähnliche Weise mißhandelt wurden.

ai 17.10.96; Kosovo-Kosovo, S. 72

 

16. September 96

 

Der 29 Jahre alte Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber Xhafer Bardiqi aus dem Kosovo wird am frühen Morgen von der Polizei im niederbayerischen Bogen abgeholt und abgeschoben.

    Auf dem Flughafen von Prishtina empfängt ihn die dortige Polizei, verhört ihn, bedroht ihn und traktiert ihn mit

Gummiknüppeln. Auch in seinem Heimatort Glogovac wird er mehrmals in den berüchtigten "Informationsgesprächen" nach seinen politischen Aktivitäten befragt. Am 23. September wird er während eines solchen Verhörs so schwer mißhandelt, daß er ins Krankenhaus muß.

ai 17.10.96; Kosovo-Kosovo, S. 72;

SFH 20.11.96

 

21. September 96

 

Beim Hellersdorfer Erntedankfest in Berlin brüllen etwa 40 jugendliche Rechte nationalsozialistische Parolen, werden handgreiflich und versuchen, das nahe gelegene Flüchtlingsheim zu stürmen.

ND 24.9.96

 

21. September 96

 

Der 50-jährige Vesel B. Strana aus dem Kosovo kehrt "freiwillig" an seinen Heimatort Mazhiqi zurück, aus dem er – sechs Jahre vorher – als Beteiligter der Minenarbeiterstreiks fliehen mußte. Am nächsten Tag wird er vom Dorfpolizisten Velovic verhaftet und mißhandelt.

Er flieht erneut nach Deutschland.

Kosovo-Kosovo, S. 73

 

21. September 96

 

In der Nacht stirbt ein 36 Jahre alter Asylbewerber aus der Ukraine durch ein Feuer im Flüchtlingsheim in Menden-Lendringsen im Sauerland. Sechs weitere Flüchtlinge werden verletzt. Ein Brandanschlag wird mit "großer Wahrscheinlichkeit" angenommen. Das Feuer hatte kurz vor 5 Uhr seinen Ausgang von einem Zimmer im ersten Stock genommen.

FR 23.9.96

 

24. September 96

 

Flughafen Frankfurt am Main. Es ist der zweite Versuch, die 26-jährige Tina Thoualy, abgelehnte Asylbewerberin aus Côte d´Ivoire (Elfenbeinküste), abzuschieben.

    Beim ersten Versuch, am 16.8.96, hatte sich der Pilot geweigert, die suizidgefährdete und sich wehrende Frau mitzunehmen. Sie befand sich damals schon in Haft und kam auch anschließend in die JVA Preungesheim.

    Auch jetzt wehrt sich Tina Thoualy – entsprechend ihrer wenigen Möglichkeiten. Ihre Beine sind mit Klebeband umwickelt, die Hände sind auf dem Rücken mit Stahlhandschellen gefesselt. Zwei Beamte und eine Beamtin des BGS versuchen, Tina Thoualy auf dem Flugzeugsitz mit dem Sicherheitsgurt zu fixieren. Sie windet sich – und ruft halblaut "Hilfe, Hilfe!" Die Beamtin drückt ihr das Kissen einer Kopfstütze in den Mund, so daß sie keine Luft mehr bekommt; sie gerät in Panik.

    Der neben ihr sitzende Beamte verbiegt ihr die auf dem Rücken mit Handschellen gefesselte rechte Hand dermaßen nach oben, daß mehrere Knochen brechen.

    Tina Thoualy kommt zurück in Abschiebehaft und muß ihre Verletzung fünf Wochen lang ambulant behandeln lassen.

    Der nächste Abschiebeversuch am 21. Januar 1997 über den Flughafen Düsseldorf scheitert erneut daran, daß der Pilot sich weigert, Frau Thoualy aufgrund ihrer Gegenwehr mitzunehmen ("erhöhtes Sicherheitsrisiko").

    Ein Sachbearbeiter der Gelnhausener Abschiebebehörde äußert der Presse gegenüber, daß ein vierter Abschiebeversuch "mit Sicherheit gelingen" werde.

taz 31.1.97; FR 1.2.97;

FRat NieSa, Rundbrief 41, März 97;

UNBEQUEM 3/97 und 6/97

 

28. September 96

 

Eisenhüttenstadt. Zwei afrikanische Asylbewerber werden von rechten Jugendlichen angegriffen und verletzt.

    Eine halbe Stunde später werden zwei andere afrikanische Flüchtlinge von einer anderen Gruppe rechter Jugendlicher zusammengeschlagen und getreten. Sie erleiden so schwere Verletzungen, daß sie im Krankenhaus stationär behandelt werden müssen.

ND 24.10.96; ALB; jW 27.12.96

 

28. September 96

 

In der Nacht dringen drei deutsche Jugendliche in die Flüchtlingsunterkunft in March-Holzhausen im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald ein. In einem unverschlossenen Zimmer entdecken sie zwei schlafende afrikanische Flüchtlinge, reißen den Feuerlöscher von der Wand und versprühen das Pulver im Zimmer. Die Afrikaner erleiden Verletzungen der Atemwege.

AK Asyl Ba-Wü Oktober-November 1997

 

Herbst 96

 

Berlin. Vor einer beantragten Behandlung des Falles im Härtefall-Gremium wird Frau Akaegbodi mit ihren drei minderjährigen Töchtern nach Nigeria abgeschoben.

    Die Mutter hatte um weitere Aufenthaltsgenehmigung gebeten, weil sie Angst um ihre Töchter hatte, denen in Nigeria die Gefahr der Beschneidung drohte.

    Eine Woche nach ihrer Ankunft in Nigeria flieht Frau Akaigbodi in "desolatem Zustand" und ohne ihre Töchter in Lagos in eine katholische Mission.

    Die Mädchen befinden sich wahrscheinlich bei Verwandten des Vaters in Nigeria oder beim Vater selbst, der die "Notwendigkeit" der Beschneidung seiner Töchter auch schon in Berlin deutlich geäußert hatte. Inzwischen muß davon ausgegangen werden, daß die Beschneidungen durchgeführt wurden.

EKD, S. 41 (Pax Christi, Berlin)

 

2. Oktober 96

 

Ein 26 Jahre alter Flüchtling aus Kenia wird in Potsdam von vier rechten Jugendlichen angegriffen, geschlagen und getreten. Als zwei Potsdamer dem Kenianer zu Hilfe kommen wollen, werden auch sie angegriffen.

ND 5.10.96; taz 5.10.96;

 jW 27.12.96

 

3. Oktober 96

 

Magdeburg in Sachsen-Anhalt. In einer Plattenbausiedlung wird am Abend ein 28 Jahre alter Flüchtling aus Gambia von vier Deutschen angegriffen, zu Boden gerissen, geschlagen und getreten und schließlich beraubt.

    Ein jugendlicher Täter wird vorläufig festgenommen.

taz 5.10.96

 

5. Oktober 96

 

Elif und Ahmet D. mit ihren Kindern Ali (10), Mehmet (16) und Olcay (18) waren die letzten eineinhalb Jahre im Kirchenasyl und kehren "freiwillig" in die Türkei zurück, weil ihre Asylanträge abgelehnt wurden. Als türkisch-kurdische Familie alevitischen Glaubens und aufgrund der politischen Arbeit des Vaters für die TKP/ML waren sie in der Türkei Verfolgungen ausgesetzt.

    Schon die Flughafenpolizei in Ankara verhört die Eheleute, läßt sie dann aber frei.

    Zwei Monate später, am 5. Dezember 96, kommen Uniformierte in ihr Dorf und verhören Elif und die Kinder.

    Die Eheleute sollen sich am nächsten Tag in der drei Kilometer entfernten Militärstation einfinden. Dort werden sie sofort gefesselt und nach Pazarcik gebracht. Hier finden die ersten Verhöre statt. Ihnen sind die Augen verbunden. Dann kommen sie nach Kahramanmaras zur politischen Polizei. In einer Art Folterkeller werden die Verhöre fortgesetzt, diesmal mit Bedrohungen und Schlägen und immer noch mit verbundenen Augen. Die Folterer fordern Informationen zu kurdischen Vereinen und zur eigenen politischen Betätigung in der BRD.

    Irgendwann wird Elif aufgefordert, sich auszuziehen. Sie hat dabei so große Angst, daß sie die Polizei bittet, sie zu erschießen.

    Sie werden freigelassen. Nachts um 24 Uhr erreichen sie ihr Dorf.

EKD, S. 31 (BAG)

 

6. Oktober 96

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Ein indischer Flüchtling befindet sich seit 235 Tagen, ein Eritreer seit 157 Tagen und der 26-jährige Algerier Mezian C. seit nunmehr einem Jahr im Transitbereich des Flughafens in Gefangenschaft.

    Mezian C. war nach Deutschland geflohen, weil er in Algerien von staatlichen Kräften brutal geschlagen und durch Elektroschocks an den Ohrläppchen gefoltert worden war.

    24 Tage nach seiner Ankunft vor einem Jahr hatte die zuständige Einzelrichterin der 14. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt das Beweisangebot eines medizinischen Gutachtens abgelehnt und das Asylverfahren negativ entschieden. Der Mann war daraufhin psychisch zusammengebrochen und in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie überführt worden.

Pro Asyl 8.10.96

 

7. Oktober 96

 

Ein 17-jähriger türkischer Asylbewerber wird in einem Personenzug zwischen Belzig und Baitz im Lande Brandenburg von zwei deutschen Männern beschimpft, geschlagen und getreten. Ein Mitreisender zieht die Notbremse, und erst als sich ein Schaffner nähert, lassen die Angreifer von ihrem Opfer ab und fliehen aus dem Zug. Der Angegriffene kommt mit Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus.

BeZ 8.10.96; taz 8.10.96; SZ 8.10.96;

ND 9.10.96; BeZ 10.10.96; BeZ 15.2.99

 

11. Oktober 96

 

Der Kosovo-Albaner Isa R-Zacken Murati versucht, "freiwillig" in seine Heimatgemeinde Podujeva zurückzukehren.

    An der ungarisch-jugoslawischen Grenze wird er von serbischer Polizei verhaftet und in ein Gefängnis in Nis gebracht.

Kosovo-Kosovo, S. 73

 

15. Oktober 96

 

Die Ausländerbehörde des Landkreises Harburg stellt dem zweijährigen (!) Ali Ballout ein Ultimatum: wenn er bis Ende Oktober nicht ausreise, dann würden "aufenthaltsbeendende Maßnahmen" durchgeführt.

    Die Mutter von Ali Ballout starb bei seiner Geburt, und der 74-jährige kranke Vater übertrug das Sorgerecht auf den seit Jahren in der BRD lebenden ältesten Sohn. Dieser holte seinen sechs Monate alten Bruder aus dem Libanon nach Winsen in Niedersachsen.

    Bereits am 13. September 95 erläßt die Ausländerbehörde eine Ausweisungsverfügung gegen das damals einjährige

Kind: "Die Bundesrepublik Deutschland ist kein Einwanderungsland", heißt es darin. Zudem habe "das Interesse an einer effektiven Begrenzung des Zuzuges von Ausländern wegen der hohen Arbeitslosigkeit der Ausländer und der erheblichen Integrationsschwierigkeiten an Gewicht zugenommen."

jW 28.10.96

 

15. Oktober 96

 

Eine Asylbewerberin aus Zaire wird im Flughafenverfahren am Flughafen Düsseldorf abgelehnt und nach 20 Tagen Aufenthalt mit der Suisse Air über Genf nach Kinshasa zurückgeschoben.

    Ihr in Deutschland lebender Ehemann informierte Verwandte und Freunde in Zaire über ihre Rückkehr, die sofort nach ihr suchen. Die Nachforschungen ergeben, daß sie zuletzt gesehen wurde, als sie das Flugzeug verließ. Dann verliert sich ihre Spur.

Aktion Abschiebestop

 

16. Oktober 96

 

Der 45-jährige Kosovo-Albaner Smail Dreshaj wird, nachdem der Asylantrag abgelehnt wurde, nach Belgrad abgeschoben.

    Am 30. Oktober wird er von der Polizei in seinem Heimatdorf Nabergjani bei Peja festgenommen und dermaßen mißhandelt, daß er ins Krankenhaus eingeliefert werden muß.

Kosovo-Kosovo, S. 74

 

18. Oktober 96

 

Nach Angaben der Flüchtlingshilfsorganisation "Pro Asyl" befindet sich ein algerischer Asylbewerber seit nunmehr einem Jahr im Gewahrsam des Bundesgrenzschutzes am Flughafen Frankfurt.

Bürgerrechte & Polizei/CILIP 55/1996

 

22. Oktober 96

 

Der 27-jährige Kurde Abdussemat Alper wird zusammen mit seiner Frau Menfiat und deren drei minderjährigen Kindern aus Stuttgart in die Türkei abgeschoben. Als die deutschen Polizeibeamten die Abgeschobenen den türkischen Behörden übergeben, erfolgt unmittelbar deren Festnahme. Frau Alper wird während der Verhöre beschimpft und geschlagen. Sie wird freigelassen ohne Paß, ohne Geld und ohne ihr Gepäck.

    Da ihr Heimatdorf im März 1995 vom Militär zerstört wurde, muß Frau Alper sich bei einer kurdischen Familie in Istanbul verstecken. Im Spätsommer 97 wird sie dort von der Polizei entdeckt. Sie selbst und ihre Kinder im Alter von sieben, neun und elf Jahren werden geschlagen und als "Terroristenfamilie" beschimpft. Ein Bekannter verhilft ihr und ihren Kindern erneut zur Flucht in die Bundesrepublik. In einem geschlossenen LKW erreichen sie Karlsruhe, wo sie einen Asylfolgeantrag stellen.

    Herr Alper ist seit der Festnahme am 22.10.96 verschwunden, und es ist zu befürchten, daß er entweder immer noch in Polizeihaft oder aber nicht mehr am Leben ist.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, April 97 und Sept. 98

morgengrauen Mai 97;

FR 1.4.97; FR 15.9.97

 

23. Oktober 96

 

Der 30-jährige syrische Asylbewerber Ahmed Bachir wird in Leipzig erstochen. Er wollte zwei Kolleginnen in dem Gemüseladen, in dem er arbeitete, zu Hilfe kommen.

    Die Täter – zwei deutsche Männer im Alter von 18 und 20 Jahren – hatten die Verkäuferinnen beschimpft und bedroht und begannen zu randalieren.

    Wegen Mordes und schwerer Körperverletzung wird ein 21-jähriger Täter im November 98 zu neuneinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt.

BeZ 25.10.96; taz 25.10.96;

ND 26.10.96; taz 28.10.96; FP 26.6.97;

FP 29.9.97; jW 30.9.97; taz 30.9.97;

BeZ 8.11.97; FP 9.11.97

 

26. Oktober 96

 

Ohne Vorankündigung wird ein Flüchtling aus Zaire mit seinen drei Kleinkindern gegen elf Uhr in seiner Unterkunft abgeholt. Die Mutter der Kinder wird mit einem weiteren Kind bis zwölf Uhr festgehalten (samstags 12 Uhr endet der gerichtliche Notdienst).

    Ihre Abschiebung erfolgt über Brüssel, von wo der Flug nach Kinshasa um 23.30 Uhr startet.

    In Zaire angekommen werden sie von DSP-Angehörigen (Direction Préfectorale de la Santé) in Empfang genommen, und der Vater wird vor den Augen seiner Kinder mißhandelt. Dann kommt er in ein Militärcamp Mobutus. Auch hier muß er schwere Mißhandlungen erleiden.

    Seiner Familie gelingt es, einen Militärangehörigen zu gewinnen, der ihm zur Flucht verhilft.

    In einem Camp der UDPS (Union pour la Démocratie et le Progrès Social) kann er sich eine Weile versteckt halten.

    Ende Januar 97 erfährt er, daß bei seinen Eltern immer noch nach ihm gesucht wird, und so organisieren seine Parteifreunde die erneute Flucht außer Landes.

Aktion Abschiebestop

 

27. Oktober 96

 

In der Nähe der brandenburgischen Ortschaft Lebus entdekken Passanten eine in der Oder treibende Leiche. Die offensichtlich vor längerer Zeit ertrunkene Person kann nicht identifiziert werden.

FFM; MOZ 30.10.96

 

29. Oktober 96

 

Als der 16 Jahre alte Aliu B., Flüchtling aus Sierra Leone, in sein Wohnheim in Bremen-Osterholz zurückkehrt, erwarten ihn in seinem Zimmer zwei Polizeibeamte. Ein Beamter verlangt nach seinen Papieren und nach dem Schlüssel für seinen Schrank. Als Aliu B. nach dem Grund fragt, packt ihn der Beamte am Kragen und versetzt ihm zwei Faustschläge ins Gesicht. Aliu B. fällt auf ein Bett und bleibt auf der Seite liegen. Der Beamte dreht ihm die Arme auf den Rücken, kniet sich auf seinen Brustkorb und fragt wieder nach dem Schlüssel, wobei er Aliu B. jedesmal mit der Hand ins Gesicht schlägt. Dann wird Aliu B. wieder auf die Füße gezogen und aufgefordert, sich auszuziehen. Der Beamte durchsucht die abgelegte Kleidung, nimmt den Schlüssel und beginnt mit der Durchsuchung des Schrankes.

    Zwei Tage nach den Mißhandlungen werden bei Aliu B. folgende "zwei bis drei Tage alte" Verletzungen festgestellt: Prellungen im Bereich des linken Auges, an der Stirn und der linken Schläfe und eine oberflächliche Rißwunde am linken Unterlid.

    Aliu B. erstattet Anzeige gegen die Beamten, erhält prompt die Gegenanzeige wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Während die Anzeige der Polizei im März 1997 zu einer Anklage gegen Aliu B. führt, ist dem Leitenden Oberstaatsanwalt die Existenz einer Anzeige Aliu B.s gegen die Beamten nicht bekannt. Und das, obwohl der Anwalt von Aliu B. die Anzeige bereits am 5. November 1996 an die Bremer Staatsanwaltschaft geschickt hatte, was auch am

15. November bestätigt wurde. (siehe auch: April 96)

ai 3.7.97; taz 5.7.97

 

Anfang November 96

 

Ein kurdischer Flüchtling wird in Grimma bei Wurzen – Sachsen – bei einem tätlichen Angriff von drei deutschen Jugendlichen durch Messerstiche schwer verletzt.

ND 14.11.96

 

2. November 96

 

In den frühen Morgenstunden wird in Potsdam ein türkischer Asylbewerber in einer Diskothek zunächst von zwei Deutschen beschimpft, dann niedergeschlagen. Er muß sich im Krankenhaus behandeln lassen.

TS 4.11.96; PNN 4.11.96

 

4. November 96

 

Der 34-jährige bosnische Flüchtling Senad Becirovic wird erhängt aufgefunden. Seine weitere Duldung war vom Landeseinwohneramt Berlin abgelehnt, sein Paß eingezogen worden, und er war aufgefordert worden, ein Flugticket für die Heimreise vorzulegen. Senad Becirovic hatte mehrfach erklärt, daß er nicht nach Bosnien zurückkehren könne.

jW 16.11.96; FR 16.11.96;

 BeZ 16.11.96; taz 16.11.96;

ND 16./17.11.96; Pro Asyl

 

7. November 96

 

In Fürstenwalde kommt es auf einer Kirmes zu einer Schlägerei zwischen einer Gruppe von rechten Deutschen und sieben indischen Asylbewerbern. Dabei wird ein Deutscher leicht am Arm verletzt. Die Deutschen behaupten gegenüber der Polizei, ein indischer Mann hätte zwei deutsche Mädchen belästigt. Die sieben Inder werden festgenommen.

jW 27.12.96

 

8. November 96

 

Mejtim Sh. Bytyqi wird zusammen mit sieben oder acht anderen Kosovo-Albanern aus der BRD abgeschoben. In ihrer Heimat-Gemeinde Suhareka werden sie mehrmals von der serbischen Polizei verhört und bedroht.

Kosovo-Kosovo, S. 78

 

9. November 96

 

Ein 19-jähriger Flüchtling aus dem Sudan wird in Eisenhüttenstadt von drei Deutschen zunächst beschimpft, dann geschlagen. Der Sudanese muß seine Gesichts- und Brustkorb-Verletzungen im Krankenhaus behandeln lassen.

MAZ 12.11.96; SZ 12.11.96;

ND 12.11.96; LR 12.11.96; jW 27.12.96

 

10. November 96

 

Eine Bulgarin wird im bayerischen Waldmünchen – nahe der tschechisch-deutschen Grenze – in völliger körperlicher und seelischer Erschöpfung aufgefunden.

BT-Drucksache 13/7135

 

10. November 96

 

Haftanstalt Preungesheim in Frankfurt. Die 31 Jahre alte Chinesin X. W. fügt sich durch Stiche mit einem spitzen Gegenstand erhebliche Verletzungen am Unterleib zu. Sie wird ins Haftkrankenhaus verlegt und schon vier Tage später in Begleitung von BGS-Beamten nach China abgeschoben.

    X. W. war am 14. Juli 1996 auf dem Frankfurter Flughafen angekommen, wo ihr Asylantrag als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt worden war.

Pro Asyl 14.11.96

 

11. November 96

 

Ein 25-jähriger Flüchtling aus dem Libanon wird in Frankfurt (Oder) in einem Café von rechten Deutschen mit einem Stock so stark ins Gesicht geschlagen, daß er sich im Krankenhaus behandeln lassen muß.

ND 12.11.96; TS 13.11.96;

BM 13.11.96; MAZ 13.11.96; jW 27.12.96

 

22. November 96

 

Bayern. Ein Flüchtling aus dem Libanon wird nach seinem nächtlichen Grenzübertritt verletzt in Waldmünchen aufgegriffen.

BT-Drucksache 13/7135

 

22. November 96

 

Berlin-Neukölln – Schierker Straße 33. Als der kurdische Flüchtling Fuat Simsek an einem Imbiß seine bestellte Pizza und sein Getränk entgegennimmt, trifft ihn eine Kugel in den Rücken. Da im gleichen Moment ein dunkelblauer Personenwagen wegrast, vermuten die anwesenden Zeugen, daß aus diesem Wagen der Schuß abgegeben wurde.

    Fuat Simsek bricht zusammen und kommt mit einem Leberdurchschuß ins Urban-Krankenhaus. Durch eine Not-Operation kann sein Leben gerettet werden, obwohl die körperliche Heilung auch nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus im Februar 1997 noch Jahre dauert.

    Zwei Tage nach der schweren Operation erfolgt das erste und einzige Gespräch der Polizei mit Herrn Simsek an dessen Krankenbett. Zudem wird festgestellt, daß das Geschoß vom Kaliber 762/763 einer Tokarew- oder Mauserpistole entstammt. Ansonsten werden die polizeilichen Ermittlungen noch während des Krankenhausaufenthaltes von Herrn Simsek ohne Ergebnis eingestellt.

    Aufgrund der exilpolitischen Aktivitäten des Fuat Simsek ist ein politischer Hintergrund für das Attentat zwar zu vermuten, aber nicht zu beweisen.

    An den seelischen Folgen leidet der Kurde aus der Türkei noch sechs Jahre später. Trotz der Traumatisierung und trotz einer laufenden psychotherapeutischen Behandlung droht ihm im Jahre 2002 die Abschiebung in die Türkei.

    Vor seiner Flucht aus der Türkei war sein Vater von türkischem Militär verschleppt worden. Fuat Simsek wurde ebenfalls verhaftet, kam jedoch wieder frei. Er war bereits in Berlin, als der Vater nach dreieinhalb Jahren Haft todkrank entlassen wurde und zwei Monate später an den Haftfolgen starb.

Bericht des Betroffenen;

PDS Flüchtlingsberatungstelle Berlin

 

24. November 96

 

Der 35-jährige Flüchtling Alfa Biyao Sabi Touré aus Togo tötet sich selbst in der Justizvollzugsanstalt Lörrach in Baden-Württemberg.

    Als Anhänger der Demokratiebewegung in Togo war Alfa Biyao Sabi Touré seit 1992 aktiv und entging 1994 knapp einem Mordanschlag der regierungstreuen Eyadéma-Leuten. Als er sich versteckte, wurde seine Frau mißhandelt. Er floh noch 1994 in die BRD und wohnte seit Februar 96 in der Container-Anlage in der Schwetzinger Straße 29a im nordbadischen Leimen. Im Juli 96 wurde der Asylantrag abgelehnt, und obwohl er wegen einer chronischen Hepatitis in medizinischer Behandlung war, hatte er die Auflage, am 21. November auszureisen.

    Alfa Biyao Sabi Touré wußte von Telefonaten mit Verwandten, daß er in Togo immer noch gesucht wurde, und floh daraufhin in die Schweiz, wurde dort festgenommen und kam in die Abschiebehaft nach Lörrach. Beim Hofgang am

24. November morgens um 9 Uhr gab er an, wieder in die Zelle zurückgehen zu wollen, ging jedoch in einen Kellerraum und erhängte sich dort am Treppengeländer mit seinem Hosengürtel.

    Alfa Biyao Sabi Touré wird als "sympathisch und offen" beschrieben und galt psychisch als durchaus stabil. Diese Konstitution und auch seine Abschiedsbriefe belegen, daß er den Freitod aufgrund seiner ausweglosen Situation gewählt hatte.

TS 24.12.96; jW 24.12.96;

AK-INFO AK-Asyl BaWü Jan.-Febr. 97;

Die Zeit 28.3.97; UNITED (Pro Asyl)

 

25. November 96

 

Der Kosovo-Albaner Selman Gashi aus Perqeva kehrt "freiwillig" an seinen Heimatort zurück, wo er an zehn Tagen auf dem Polizeiposten Klina und im Sicherheitszentrum Peja über seine politischen Aktivitäten in Deutschland verhört wird.

    Am 17. Dezember wird er bei einem dieser Verhöre körperlich mißhandelt.

Kosovo-Kosovo, S. 75

 

26. November 96

 

Samerberg in Bayern. Fünf Pakistani werden – völlig erschöpft und mit starken Unterkühlungen – aus einem Lastkraftwagen befreit.

BT-Drucksache 13/7135

 

26. November 96

 

Der Kosovo-Albaner Samit Belegu wird aus der BRD abgeschoben. Schon am Flughafen Belgrad wird er festgenommen und später – mit der Auflage, sich beim Sicherheitsdienst in seinem Heimatort zu melden – entlassen.

    Auf seiner Heimfahrt wird er am Stadtrand von Podujevo aus dem Bus gezerrt und verprügelt.

    Während der vielen Verhöre, bei denen es um seinen Aufenthalt in der BRD geht, wird er von Polizei und Sicherheitsdienst körperlich mißhandelt und mehrfach festgenommen. Einmal gelingt es ihm nur durch die Zahlung von 3.500 DM, vorläufig freizukommen.

    Samit Belegu flieht zurück in die BRD und bittet erneut um Asyl.

Kosovo-Kosovo, S. 82

 

29. November 96

 

Zwei Flüchtlinge aus Kenia und Liberia werden in Neuruppin von vier Deutschen mit einer zerschlagenen Glasflasche bedroht.

jW 2.12.96

 

30. November 96

 

Das Ehepaar Rexhep und Fize Qela Krasniqi werden nach abgelehntem Asylantrag abgeschoben. An ihrem Herkunftsort, der Gemeinde Gllogovc im Kosovo werden beide Mitte Dezember in sogenannten Informationsgesprächen mehrmals über ihren Aufenthalt und ihre politischen Aktivitäten verhört und massiv bedroht. Man könne sie auch "in anderer Art und Weise" behandeln.

Kosovo-Kosovo, S. 78

 

1. Dezember 96

 

Neuruppin in Brandenburg. Ein nigerianischer und ein libanesischer Asylbewerber werden von einer Gruppe junger Deutscher rassistisch angepöbelt und dann mit einer abgebrochenen Flasche bedroht. Dem Libanesen wird sein Geld geraubt.

jW 27.12.96

 

5. Dezember 96

 

In Fürstenwalde werden zwei jugendliche Flüchtlinge aus Sierra Leone und Vietnam in einem Supermarkt von einer Gruppe Deutscher beschimpft und zusammengeschlagen.

Bürgerrechte & Polizei/CILIP 56/1997;

taz 28.1.97

 

6. Dezember 96

 

Gegen das Flüchtlingsheim in Fürstenwalde in Brandenburg werden zwei Brandsätze geworfen. Die BewohnerInnen können die Feuer selbst löschen, so daß niemand körperlich zu Schaden kommt. Gegen die zwei Täterinnen wird Anklage wegen versuchten Mordes, schwerer Brandstiftung und Verstoßes gegen das Waffengesetz erhoben.

Radio FRITZ, 13.12.96

 

6. Dezember 96

 

Ein 17-jähriger vietnamesischer Asylbewerber und ein Flüchtling aus Sierra Leone werden vor einem Einkaufsmarkt in Fürstenwalde angepöbelt, angegriffen und verletzt.

jW 27.12.96

 

6. Dezember 96

 

Die 35-jährige Purananayagi Subramaniyam erfriert in einem 950 m hohen, tiefverschneiten Waldgebiet der Gemeinde Eggersberg im Landkreis Cham – nahe der tschechisch-bayerischen Grenze. Die Frau, die aus dem Bezirk Jaffna aus Sri Lanka stammt, trägt nur "leichte Sommerbekleidung"; die Temperaturen sind in der Nacht auf minus fünf Grad abgefallen.

    Ihr 25-jähriger Begleiter wird mit schwersten Erfrierungen an den Füßen von der Polizei aufgegriffen und nach Tschechien abgeschoben.

SZ 9.12.96; TS 9.12.96; jW 9.12.96; FR 9.12.96;

BeZ 30.12.96; Spiegel 3.3.97

 

7. Dezember 96

 

Der liberianische Flüchtling Samuel wird in Hamburg von der Polizei angehalten und in der Davidswache in Haft genommen. Dort wird er von Beamten über Nacht festgehalten, geschlagen und getreten.

    Er kann für Hamburg keine Aufenthaltsgenehmigung vorlegen, denn er ist in Niedersachsen gemeldet. Er hat jedoch eine Einladung der "Hamburger Hafengruppe" und der "AG Blinde Passagiere" bei sich, und er wollte an einer Veranstaltung teilnehmen, weil er selber im Februar – zusammen mit acht weiteren Flüchtlingen aus Liberia – als "blinder Passagier" nach Hamburg gelangt war.

taz 9.12.96

 

7. Dezember 96

 

Als die beiden Kosovo-Albaner das Flugzeug in Prishtina verlassen wollen, werden sie von der Grenzpolizei festgenommen, mehrfach verhört und körperlich mißhandelt.

    Der 49-jährige Invalide Idriz Sjarina war zu einer medizinischen Behandlung in Deutschland gewesen.

    Der 34-jährige Jonuz Rakaj – ein von BRD-Behörden mehrfach abgelehnter Asylbewerber – wird am 14. Dezember schließlich wieder ins Flugzeug gesetzt und nach Stuttgart zurückgeflogen. Hier stellt er erneut einen Antrag auf Asyl.

Kosovo-Kosovo, S. 75

 

10. Dezember 96

 

19 Erwachsene und ein Kleinkind, Flüchtlinge aus der Türkei, werden an der Autobahn A5 bei Neuenburg von der Polizei festgenommen. Sie waren bis zu vier Wochen ohne ausrei-chende Lebensmittel per Lastwagen, Schiff und PKW unterwegs. Eine Frau muß wegen körperlicher Erschöpfung ins Krankenhaus.

taz 11.12.96

 

13. Dezember 96

 

Bei einem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Neuburg an der Donau erleiden ein 38-jähriger Albaner und seine

13-jährige Tochter Rauchvergiftungen. Die anderen 64 BewohnerInnen bleiben unverletzt. Das Feuer wurde mit einer brennbaren Flüssigkeit gelegt.

    Wegen besonders schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung werden knapp zwei Jahre später zwei Männer zu fünf bzw. zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

TS 15.12.96; taz 16.9.98

 

15. Dezember 96

 

Ein pakistanischer Asylbewerber wird in Neuruppin von zwei deutschen Männern überfallen. Er wird getreten und mit einem Schlagring traktiert. Er kommt mit einem Nasenbeinbruch, Prellungen, Platzwunden und einer Ellenbogenverletzung ins Kreiskrankenhaus Neuruppin.

FR 16.12.96; TS 16.12.96; ALB

 

15. Dezember 96

 

Nordenham an der Wesermündung. Zwei Flüchtlinge aus Afrika – einer aus Ghana und einer aus Côte d´Ivoire (Elfenbeinküste) – werden in dem Schiff entdeckt, mit dem sie versucht hatten, in die Bundesrepublik zu gelangen. Sie erleiden schwere Erfrierungen.

BT-Drucksache 13/7135

 

15. Dezember 96

 

Mehmet Rama aus dem Kosovo versucht, nach einem vierjährigen Aufenthalt als Asylbewerber in der BRD in sein Herkunftsland zurückzukehren. Auf dem Flughafen Tivar in Montenegro wird er von der Polizei festgenommen und ins Gefängnis nach Podgorica gebracht. Seine Familie versucht vergeblich, Kontakt zu ihm aufzunehmen.

Kosovo-Kosovo, S. 77

 

Mitte Dezember 96

 

Vaidin B. Krasniqi, Senad A. Krasniqi, Samidin Kryeziu und Muharrem Tersnajaku, die "freiwillig" in den Kosovo zurückkehren wollen, werden auf dem Flughafen Prishtina festgehalten und mißhandelt. Ihnen wird befohlen, "dorthin zurückzukehren, wo ihr herkommt".

Kosovo-Kosovo, S. 77

 

Mitte Dezember 96

 

Eine Gruppe von sieben Kosovo-AlbanerInnen wird aus der BRD abgeschoben und in Belgrad den serbischen Behörden übergeben.

    Einer von ihnen, Mento Pjeter Buzhala, berichtet gegenüber der Zeitung "Bujku", daß alle sieben stundenlang von der Polizei verhört und provoziert worden seien. Eine Person wurde in Haft genommen, weil diese angeblich auf kroatischer Seite am Krieg teilgenommen hätte.

    Mento Pjeter Buzhala mußte sich auch in seinem Heimatdorf Verhören stellen – und wurde mit Inhaftierung bedroht.

Kosovo-Kosovo, S. 77

 

19. Dezember 96

 

Am deutsch-österreichischen Grenzübergang Neuhaus am Inn werden 16 Flüchtlinge aus der Türkei in einem Lastkraftwagen entdeckt und – entsprechend ihren Erschöpfungszuständen – ambulant oder stationär medizinisch versorgt.

BT-Drucksache 13/7135

 

19. Dezember 96

 

Der 21-jährige Kurde Hasan Kutgan wird nach abgelehntem Asylantrag von Hausen im Landkreis Lörrach über Stuttgart nach Istanbul abgeschoben. Dort wird er von den türkischen Behörden festgenommen und – während drei Tagen – unter schwerer Folter (starke Schläge, Bastonade, Hodenquetschung) zu dem Geständnis gezwungen, an zwei Demonstrationen und Newroz-Feierlichkeiten teilgenommen zu haben.

    Nach seiner darauf folgenden Freilassung wird er sofort wieder verhaftet. Die jetzt folgenden fünftägigen Verhöre unter schwerer Folter führt diesmal die politische Polizei der Anti-Terror-Abteilung in Istanbul-Aksaray durch und erzwingt unter grausamsten Androhungen ein weitergehendes Geständnis.

    Der Prozeß gegen Hasan K. vor dem Staatssicherheitsgericht (DGM) in Istanbul endet am 2. April 97 überraschenderweise mit einem Freispruch – wohl nicht zuletzt wegen der Unterstützung einiger humanitärer Organisationen, die den Skandal an die Öffentlichkeit gebracht haben.

    Trotz des Freispruchs hält sich Hasan K. versteckt. Elf Monate nach seiner Abschiebung gelingt es ihm erneut, in die BRD zu fliehen. Er stellt einen weiteren Asylantrag, der im April 2000 abgelehnt wird.

SAGA 10.2.97; BeZ 22.4.97;

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, April 97 und Sept. 98;

Kurdistan-Rundbrief, Nr. 24, 2.12.97

Dokumentation vom FRat NieSa, Januar 99; ai 3.2.99;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Juni 1999;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Mai 2000; ai 23.11.00

 

22. Dezember 96

 

Bei einem Feuer in einem Flüchtlingsheim in der Koloniestraße in Berlin-Wedding erleiden ein Mann und ein dreijähriges Kind Rauchvergiftungen. 10 Personen können unverletzt in Sicherheit gebracht werden.

BeZ 23.12.96

 

23. Dezember 96

 

Kiel in Schleswig-Holstein. Bei einem Brand in dem von Flüchtlingen und MigrantInnen bewohnten mehrstöckigen Altbau am Theodor-Heuss-Ring erleiden 13 Menschen zum Teil schwere Rauch- und Brandverletzungen. Sie kommen alle ins Krankenhaus; drei von ihnen auf die Intensiv-Station. 12 Personen kann die Feuerwehr unverletzt retten.

    Die Polizei ermittelt zwei tatverdächtige Jugendliche. Sie hatten in einem Vorraum des Kellers einen Stoß Papier angezündet, und der Brand hatte sich dann über das hölzerne Treppengeländer in den ersten Stock ausgebreitet.

    Gegen den 16-jährigen Haupttäter wird Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und schwerer Brandstiftung erlassen. Sein 15-jähriger Komplize wird aufgrund seines Alters auf freien Fuß gesetzt.

taz 27.12.96; taz 28.12.96; taz 4.1.97

 

24. Dezember 96

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Eine 31 Jahre alte Person (M. M.) aus Libyen fügt sich selbst Verletzungen zu.

BT-Drucksache 13/8386

 

25. Dezember 96

 

Am ersten Weihnachtsfeiertag ertrinken vor der Insel Malta 290 Flüchtlinge im Mittelmeer. Die Toten sind Flüchtlinge aus Sri Lanka, Indien und Pakistan.

    Bei dem Umsteigemanöver von dem Frachtschiff "Yioham" in einen 18-m-langen Fischtransporter rammt die "Yioham" bei stürmischer See das kleinere Schiff, das daraufhin versinkt. Die Flüchtlinge, die sich schon unter Deck in einem Lagerkühlraum befinden, haben keine Chance zu entkommen.

    Von den noch an Deck befindlichen 100 Flüchtlingen gelingt es 25 schwimmend, die "Yioham" zu erreichen und sich über die Strickleitern zu retten.

    110 Überlebende dieser Katastrophe werden in Griechenland in Polizeigewahrsam genommen, 65 können sich der Festsetzung durch Flucht entziehen.

    Am 23. Januar 1997 hat Griechenland – entgegen anders lautender Absichtserklärungen – bereits 29 tamilische und 38 pakistanische Flüchtlinge abgeschoben.

    Nach Recherchen des Flüchtlingsrates Bayern, gestützt auf Nachfragen des Internationalen Roten Kreuzes und einiger Flüchtlingsorganisationen sowie auf Nachfragen von in Deutschland lebenden Angehörigen und von ihnen beauftragten AnwältInnen, waren ca. ein Drittel der insgesamt 465 Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland.

    Darunter befand sich der 18-jährige Tamile Jeyakanthan S., der seit Ende 1995 über die Deutsche Botschaft in Colombo versucht hatte, legal einzureisen, um bei seinem Vater und seinen als asylberechtigt anerkannten Geschwistern zu leben. Er stirbt als "illegaler Immigrant" im Mittelmeer.

taz 6.1.97; Pro Asyl 17.1.97 und 23.1.97;

taz 24.1.97; FRat Bayern 4.2.97

 

28. Dezember 96

 

Ein rumänischer Flüchtling wird direkt völlig erschöpft aufge-

funden.

BT-Drucksache 13/7135

 

29. Dezember 96

 

In der Nähe der Raststätte Berstetal an der Autobahn A13 im Landkreis Dahme-Spreewald werden vier Flüchtlinge festgenommen. Sie sind alle barfuß und kommen wegen Unterkühlung vorerst ins Krankenhaus.

BeZ 30.12.96

 

30. Dezember 96

 

18 Flüchtlinge gelangen durch die nur zum Teil zugefrorene Neiße bei Forst nach Brandenburg. Zwei von ihnen, die sich von der Gruppe trennen, werden vom BGS festgenommen und nach Polen zurückgeschickt. 16 Personen – unter ihnen sind neun Kinder unter 16 Jahren, bis auf einen Iraker alles Flüchtlinge aus Bangladesch – bitten in Wildau im Landkreis Dahme-Spreewald bei der DEKRA-Geschäftsstelle um Einlaß in die Büros. Sie sind nur leicht bekleidet, und einige stehen barfuß im Schnee. Die DEKRA-Angestellten gewähren den frierenden Menschen keinen Einlaß, sondern rufen die Polizei. Einige Flüchtlinge haben erhebliche Erfrierungen an Händen und Füßen. Vier Jugendlichen müssen Zehen amputiert werden.

FR 2.1.97; ND 2.1.97;

BeZ 2.1.97, TS 2.1.97; taz 2.1.9;

 BeZ 3.1.97; taz 3.1.97;

TS 4.1.97; BeZ 4.1.97;

taz 4.1.97; BeZ 23.1.97

 

31. Dezember 96

 

Der Flüchtling Esat Peci aus dem Kosovo wird nach dreieinhalb Monaten Abschiebehaft nach Belgrad abgeschoben. Dort wird er fünf Tage lang in Polizeigewalt schwer mißhandelt.

    Am 4. Januar 97 wird er zurückgeschoben und in Handschellen den deutschen Behörden übergeben, die ihn – ohne richterlichen Beschluß – vom 4.1. bis zum 17.3.97 in Abschiebehaft halten.

    Im Juni wird erneut Abschiebehaft verordnet. Begründung der zuständigen Richterin Greser: "Aufgrund seiner Wiedereinreise besteht die Gefahr, daß der Betroffene nicht gewillt ist, freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen. Die 16 Tage ergeben sich aus § 57 III, S. 1 AuslG, nachdem sich der Betroffene vom 4.1.-17.3.97 ohne richterlichen Beschluß in Haft befand."

    Die Gefängnisärztin stellt bei Herrn Peci eine 70%ige Schädigung der Niere in Folge von Schlägen fest.

FRat Bayern, Infodienst, Nr. 54/55, S. 96;

FRat Bayern, Infodienst, Nr. 56/57, S. 73

 

Dezember 96

 

Der 50 Jahre alte Kosovo-Albaner Jidriz Sjarina muß aufgrund der Rückreiseaufforderung der Ausländerbehörde Tübingen ausreisen. Der Schwerbehinderte nimmt ein Flugzeug von Stuttgart nach Prishtina. Dort wird er von der Polizei festgenommen, noch im Flughafen in eine Zelle mit sieben weiteren Gefangenen gesperrt und in den nächsten sieben Tagen schwer mißhandelt. Dann wird er in die BRD zurückgeschickt. Im Krankenhaus Singen diagnostizieren die Ärzte bei ihm Prellungen und Rippenbrüche.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Jan.-Febr. 97

(SchT 16.1.97)

 

 

 

 

Im Jahre 1996

 

Als morgens um 4.30 Uhr die Polizei vor der Tür steht und die Abschiebung der pakistanischen Flüchtlingsfamilie vollziehen will, läuft der Familienvater durch das Schlafzimmer und schreit: "Ich sterbe sowieso, laß mich, ich will hier sterben." Dann springt er aus dem Fenster des ersten Stocks der Leonberger Obdachlosenunterkunft. Er erleidet mehrere Knochenbrüche und kommt schwerverletzt ins Krankenhaus.

    Die Familie gehört den Ahmad-Ahmaddiyya-Muslims an, einer kleinen Gemeinde, die von den pakistanischen Islamisten verfolgt wird. Das Asylverfahren ist noch nicht abgeschlossen, und die Abschiebung wurde aufgrund einer Namensverwechslung angeordnet.

    Vor allem die vier Kinder stehen seit dem Vorfall unter Schock.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96

 

 

Im Jahre 1996

 

Der 23-jährige kurdische Flüchtling und Wehrdienstverweigerer Galip Aslan wird nach abgelehntem Asylantrag in die Türkei abgeschoben. Noch auf dem Istanbuler Flughafen wird er der türkischen Polizei übergeben und in Haft genommen. In den nächsten vier Monaten in Gefangenschaft wird er immer wieder mit Schlagstöcken malträtiert. Als er schließlich einwilligt, als Spitzel zu arbeiten, kommt er frei. Er flieht erneut nach Deutschland. (siehe auch: 10. Mai 99)

StN 26.5.99

 

 

Im Jahre 1996

 

Nach seiner Abschiebung aus der BRD wird ein kurdischer Flüchtling und abgelehnter Asylbewerber noch am Flughafen festgenommen und zur Abteilung für Terrorismusbekämpfung gebracht. Während einer 85-tägigen Haft wird er mehrmals schwer gefoltert. Danach muß er seinen Militärdienst in der Osttürkei ableisten.

    Im Jahre 1998 gelingt ihm die erneute Flucht nach Deutschland, wo ihm das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 17. Februar 1999 das sogenannte "kleine Asyl" zugesteht.

Pro Asyl 10.3.99

 

 

Im Jahre 1996

 

Nach Auskunft der Bundesregierung hat es im Jahre 1996 in 109 Flüchtlingsunterkünften gebrannt. Dabei starben 12 Menschen; 107 wurden verletzt.

(11 Todesfälle und 91 Verletzte sind hier dokumentiert)

wib 23.4.97

 

 

Im Jahre 1996

 

Die Bundesregierung teilt mit, daß im Jahre 1996 an den deutschen Grenzen und in den Grenzgebieten 19 Menschen tot aufgefunden wurden. 16 ertranken "vermutlich", zwei stürzten in einen Stollen, und eine Person starb "an Erschöpfung / Erfrierung". Darunter sind zwei deutsche und sechs polnische Staatsbürger.

(hier dagegen sind 18 tote Flüchtlinge dokumentiert)

    97 Menschen verletzten sich bei dem Versuch, die deutschen Grenzen zu überschreiten.

(96 Fälle sind hier dokumentiert)

    Neun Personen, die versucht hatten, die Grenzen zur BRD "unerlaubt" zu überwinden, sind von Beamten des BGS oder des Zolls durch die "Anwendung unmittelbaren Zwangs oder im Zuge einer entsprechenden Nacheile körperlich verletzt worden".

BT-Drucksache 13/7135; wib 23.4.97